Ingolstadt
Polnische Freunde ziehen alle Register

Chor von St. Anton reiste zur Weihe der geschenkten Kirchenorgel nach Bogatynia

24.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:46 Uhr

Das noch unfertige Gotteshaus von Bogatynia (Reichenau) erlebte bei der Weihe der alten Orgel von St. Anton einen regen Andrang. Aus Ingolstadt war eine Abordnung der Kirchengemeinde samt Chor eingeladen, der den Gottesdienst musikalisch mitgestaltete. - Foto: Wittmann

Ingolstadt (DK) Die alte Orgel von St. Anton hat eine neue Heimat gefunden. Von Ingolstadt zog sie um ins heutige Polen. Hier steht sie jetzt frisch renoviert in einer Kirche der kleinen Stadt Bogatynia, die bis 1945 Reichenau hieß und zum jenseits der Neiße gelegenen Teil Sachsens gehörte, der nach dem Zweiten Weltkrieg an Polen fiel. Zur Weihe fuhr der Chor von St. Anton nach Osten.

"Dieses unverputzte Gebäude hinter dem Bauzaun soll die Kirche sein, in der wir zur Orgelweihe singen werden" Mit gemischten Gefühlen näherten sich die Chormitglieder aus der Pfarrei St. Anton dem Bauwerk in Bogatynia, wo sie sich nach stundenlanger Busfahrt zur Chorprobe einfinden sollten. Die gleiche Reise hatte vor einem Jahr die alte Orgel ihrer Pfarrkirche angetreten (DK berichtete). In tausende Einzelteile zerlegt, säuberlich beschriftet und sorgfältig verpackt, hatte das Instrument den Transport gut überstanden. In den letzten Monaten waren polnische Orgelbauer damit beschäftigt, Gehäuse, Pfeifen und Trakturen zu reinigen und wieder zusammenzusetzen.

Mit Spannung erwartete Organist Bernhard Wittmann von St. Anton den Moment, in dem er seiner alten Orgel noch einmal begegnen sollte. "Schon äußerlich erstrahlte der Orgelprospekt in neuem Glanz mit polierten Pfeifen und frisch lackiertem Gehäuse", berichtet Wittmann. "Alle 36 Register, also über 2500 Pfeifen, waren wieder funktionstüchtig. Natürlich waren auch die Schwächen, die das Instrument zuletzt aufwies, mitgereist", erklärt der Organist schmunzelnd. Deshalb habe sich die Pfarrei ja auch von der Orgel getrennt, da eine Renovierung nicht mehr sinnvoll gewesen wäre. Für die polnische Gemeinde sei es jedoch die einzige Möglichkeit gewesen, überhaupt eine Pfeifenorgel zu bekommen. Mit großer Freude und Dankbarkeit haben der Pfarrer, seine Organisten und die Pfarrgemeinde das Instrument angenommen. Beim Festgottesdienst wechselten sich dann der alte und der neue Organist der Orgel auf der Orgelbank ab.

"In Polen gibt es keine Kirchensteuer, so muss sich jede Gemeinde hauptsächlich aus Spenden finanzieren", erzählt Johannes Kuppe, langjähriges Chormitglied. Er hat über seinen Cousin, Prälat Peter Birkner, früherer Generalvikar der Diözese Görlitz, den Kontakt zu den benachbarten polnischen Glaubensbrüdern hergestellt und freut sich jetzt ganz besonders, dass der Chor von St. Anton eingeladen wurde, die Orgelweihe mitzugestalten.

"Besonders erhebend war, als wir zum Schluss zweisprachig das €šGroßer Gott' miteinander gesungen haben", schwärmt Chorleiter Josef Dietl, der für seinen Chor die Missa antiqua des früheren Eichstätter Domkapellmeisters Wolfram Mená †schick und somit das Werk eines lokalen Komponisten für die Festmesse ausgewählt hatte. Schon am Vortag bei einem gemeinsamen Grillabend mit polnischen Gemeindemitgliedern hatte Prälat Birkner in seiner Tischrede betont, dass "Verständigung nur durch Begegnung" möglich sei. Dies könnten die Chormitglieder aus St. Anton nun selber erleben, zumal die Musik ja eine universelle und von allen verstandene Sprache sei.

Eine Träne weint Organist Wittmann seiner alten Orgel, auf der er einst das Orgelspiel erlernt hat, nicht nach: "Unsere neue Mathisorgel spielt in einer ganz anderen Liga!"