Ingolstadt
Politiker für einen Tag

Beim Planspiel "Der Landtag sind wir" schlüpften Schülerinnen in die Rolle von Abgeordneten

01.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:36 Uhr

"Ich habe im Studium drei Tiere umgebracht": Der promovierte Biologe und Grünen-Landtagsabgeordnete Christian Magerl (am Mikrofon) gesteht beim Thema Tierversuche, dass er im Dienste der Wissenschaft schon Frösche getötet hat. Christine Haderthauer (l.) hört interessiert zu. - Foto: Eberl

Ingolstadt (DK) 65 Schülerinnen der Gnadenthal-Mädchenrealschule haben am Freitag am Planspiel "Der Landtag sind wir" teilgenommen. Spielerisch lernten sie, wie im Landtag ein Gesetz entsteht. Die Zehntklässlerinnen beschlossen, das Volk zu befragen, ob das Wahlalter auf 16 gesenkt werden soll.

"Politik ist manchmal unnötig", stöhnt eine Schülerin, als die CSU-Fraktion zum x-ten Mal darüber diskutiert, ob man noch eine Umfrage durchführen lassen soll, bevor man das Volk über die Absenkung des Wahlalters auf 16 befragt. Zuvor war diese Frage schon im Ausschuss lang und breit diskutiert worden. Uneinig sind sich die Abgeordneten für einen Tag auch bei der Frage, ob Menschen, die nicht die deutsche Staatsbürgerschaft haben, wählen dürfen. Also wird wieder abgestimmt; mit dem Ergebnis, dass Ausländer, die in Deutschland geboren sind und seit fünf Jahren einen festen Job haben, das Wahlrecht bekommen sollen.

"Beim Planspiel wird der gesamte legislative Prozess von der Beratung im Ausschuss über die Fraktionssitzung bis hin zur Abstimmung im Landtag simuliert", erklärt Peter Hammer, freier Mitarbeiter beim Centrum für angewandte Politikforschung (CAP) in München. Das CAP hat das Planspiel 2006 im Auftrag des Bayerischen Landtags entwickelt. "Die Schüler werden den Landtagsparteien zugelost und nehmen für die Dauer des Planspiels die Rolle eines fiktiven Abgeordneten an." Hammer hat das Planspiel schon fast zwei Dutzend Mal betreut.

Die Schülerin Louisa Halsner findet das Planspiel interessant. "Es ist gut, zu sehen, wie der Landtag funktioniert", sagt die 16-Jährige. Ihre Mitschülerin Mareike Schuster stimmt ihr zu: "In Sozialkunde lernen wir sehr viel Theorie. Es ist schön, mal was Praktisches zu machen."

Nachdem sich die Fraktionen auf eine gemeinsame Position geeinigt haben, sollen sie sich Fragen an die echten Landtagsabgeordneten Christine Haderthauer (CSU) und Christian Magerl (Grüne) ausdenken, die bei der Plenarsitzung zu Gast sind. Seda Yildiz interessiert die Meinung der Politiker zum Brexit, und wie ihr Arbeitsalltag aussieht. "Ich schaue gerne Nachrichten", verrät die 16-Jährige. Die Gleichaltrige Sabrie Hoxhaj macht sich wegen des Präsidentschaftswahlkampfs in den USA Sorgen: "Wenn Donald Trump Präsident wird, geht die Welt unter", meint sie.

Sarah Schmidt darf in der Plenarsitzung die Rolle der Landtagspräsidentin spielen. "Normalerweise interessiere ich mich nicht für Politik, aber wenn meine Freundinnen dabei sind, ist es nicht so langweilig", berichtet die 16-Jährige. Souverän moderiert Schmidt dann auch die kurze Debatte, in der schließlich eine Mehrheit dafür stimmt, einen Volksentscheid über die Absenkung des Wahlalters auf 16 vorzubereiten.

Im Anschluss an die Abstimmung dürfen die echten Politiker auf die Bühne kommen. Es entwickelt sich ein munteres Frage-Antwort-Spiel. Beim Thema Wählen mit 16 ist Magerl für und Haderthauer gegen eine Absenkung des Wahlalters. Was die Politiker dagegen tun, dass sich Flüchtlinge radikalisieren, will eine Schülerin wissen. Haderthauer, deren Partei Flüchtlinge mit Hilfe des Integrationsgesetzes auf eine schwer zu definierende deutsche Leitkultur verpflichten möchte, wirbt für Sanktionen gegen Integrationsverweigerer.

Zum Thema Einkommensungleichheit von Frauen und Männern sagt Haderthauer lapidar: "Die Politik kann nicht alles lösen." Man diskutiere aber über ein Entgeltgleichheitsgesetz. Magerl wirbt dagegen für die Frauenquote. Beim Thema Tierversuche demonstrieren Magerl und Haderthauer den neuen Zeitgeist der grün-schwarzen Harmonie und erklären, warum es im medizinischen Bereich derzeit leider noch nicht ohne gehe.