Ingolstadt
Politik mit Prüfsiegel

Nicht immer, aber immer öfter haben Stadtratsanträge den Charakter von Versuchsballons

23.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:05 Uhr

Ingolstadt (DK) Die Vollversammlung zeigte es überdeutlich: Wenn die Akteure im Stadtrat ein bestimmtes Thema aufgreifen, aber noch nicht so genau wissen, worauf sie eigentlich hinaus wollen, stellen sie erst einmal einen Prüfungsantrag. Der findet immer eine Mehrheit – und die Verwaltung ist beschäftigt.

Es entpuppte sich am Mittwoch im Sitzungssaal gewissermaßen als Wort des Tages: Prüfungsantrag. Nach gutem parlamentarischen Brauch werden solche Anträge in der Regel einstimmig abgesegnet, unabhängig davon, ob die Zielrichtung allen gefällt. Das regt einerseits die Kreativität der Kommunalpolitiker an, kann aber auf der anderen Seite zu einer wahren Flut von Initiativen und Vorschlägen führen. Und: Es garantiert, dass den Fachämtern in der Verwaltung die Arbeit nicht ausgeht.

Hier einige der Prüfungsanträge, die der Stadtrat diesmal im Plenum verabschiedet hat:

 

Familiengütesiegel: Drei CSU-Stadträtinnen wollen, dass Ingolstadt ein Gütesiegel für Familienfreundlichkeit einführt. Dorothea Soffner begründete die Initiative. Das Siegel soll eine Anerkennung für Arbeitgeber, Projekte oder Angebote sein, mit denen Familien unterstützt werden. Gleichzeitig soll es einen Anreiz bieten, sich zu engagieren. Von anderer Seite kamen kritische Anmerkungen. Das Ganze sei doch „sehr schwammig“, meinte Barbara Leininger (Grüne). Peter Springl (FW) argwöhnte, dass damit „auf kaltem Weg eine viertel oder halbe Planstelle“ geschaffen wird.

 

Rossmühlstraße: Ebenfalls von der CSU stammt die Anregung, einen barrierefreien Übergang über die Rossmühlstraße vom alten Feldkirchner Tor – es soll künftig geöffnet werden – zum Gießereigelände zu schaffen. Für die östliche Fußgängerzone sei eine „deutliche Aufwertung“ zu erwarten. Schon heute seien auf der Rossmühlstraße täglich 15 000 Autos unterwegs, durch die Tiefgarage und die Neubauten auf dem Gießereigelände werde der Verkehr weiter zunehmen. Die Antragsteller könnten sich einen Steg für Radler und Fußgänger vorstellen. Daran gab es im Plenum einige Zweifel. „Die Frau Preßlein-Lehle wird das schon schaffen“, spielte OB Christian Lösel den Ball weiter zur Stadtbaurätin.

 

Elektromobilität: Die SPD-Stadträte Achim Werner und Jörg Schlagbauer, beide der Audi AG eng verbunden, setzen sich für ein Konzept ein, mit dem das Elektromobilitätsgesetz in Ingolstadt umgesetzt werden kann. Erst kürzlich hatte die Stadt drei Fahrzeuge (A3 g-tron), die mit Gas betrieben werden, in ihren Fuhrpark aufgenommen. OB Lösel wollte über den SPD-Antrag nicht lange diskutieren lassen. „Wir sind doch eh alle dafür.“

 

Verkehrskontrollen: Der kommunale Verkehrsüberwachungsdienst konzentriert sich bisher nur auf geparkte Autos. Die Freien Wähler möchten, dass die Kontrolleure in Zukunft auch den fließenden Verkehr überwachen. Das Ansinnen ist nicht ganz neu, wie Karl Ettinger (FDP) feststellte. „Ich freue mich, dass die Freien Wähler einen Antrag von Christel Ernst aufgreifen, den sie damals abgelehnt haben.“ Thomas Thöne (SPD) stichelte gegen einen ertappten Schnellfahrer: „Interessant wäre dazu eine Stellungnahme von Bürgermeister Mißlbeck.“ Der gab zurück: „Ich bin derzeit ein unbescholtener Bürger. Ich werde dem Antrag nicht zustimmen.“

 

Spielhallen: Die Öffnungszeiten von Spielhallen sollten an die Regelung anderer bayerischer Großstädte angepasst werden, findet Robert Schidlmeier (CSU). In Ingolstadt betrage die Sperrzeit nur drei Stunden von 3 bis 6 Uhr. Andernorts sei sie teils deutlich länger, bis zu sechs Stunden.

 

n Innenstadtpassagen: Die Sozialdemokraten nennen die hohe Zahl der Leerstände in der Altstadt „besorgniserregend“. Nach ihrer Ansicht könnten mehr Passagen zwischen Theresien-/Ludwigstraße und den Parallelstraßen „frequenzfördernd“ wirken. Deshalb wäre eine Studie angebracht, wo weitere Passagen möglich sind. „Die Durchlässigkeit ist ein wichtiges Thema“, kommentierte die Stadtbaurätin den Vorstoß, „das wird von uns bearbeitet. Wir haben auch schon Erfolge vorzuweisen.“ Preßlein-Lehle will dazu eine zusammenfassende Karte vorlegen.