Ingolstadt
Orientierungshilfen für den Kultusminister

"Soll das G 8 abgeschafft werden" Eine außergewöhnliche Debatte im Katharinen-Gymnasium lieferte viele Antworten

04.07.2013 | Stand 02.12.2020, 23:56 Uhr

Streiten mit Stil: Das Katharinen-Gymnasium ist beim Wettbewerb „Jugend debattiert“ meist vorn dabei. Am Mittwoch fand hier eine besondere Diskussion statt. Lisa Gänsheimer (r.), bayerische Landessiegerin 2011, moderierte. Tanja Blendinger bediente die Glocke. - Fotos: Strisch

Ingolstadt (DK) Schülerinnen des Katharinen-Gymnasiums machen beim Wettbewerb „Jugend debattiert“ oft von sich reden. Clara Fidorra und Annalena Oblinger schafften es heuer ins Finale nach Berlin.

Auf Anregung des DK nahmen es beide jetzt mit zwei „Profis“ auf. Thema: „Soll das G 8 abgeschafft werden“ Clara Fidorra und Annalena Oblinger sind ein streiterprobtes Team. Die beiden 15-jährigen Schülerinnen des Katharinen-Gymnasiums haben beim bundesweiten Wettbewerb „Jugend debattiert“, an dem heuer 155 000 Schüler teilnahmen, viel Konkurrenz in Grund und Boden diskutiert. Sie kannten bei Themen wie „Sollen Kindertagesstätten ab drei Jahren Pflicht werden“ oder „Sollen Politiker zu Wahlkampfveranstaltungen in Schulen kommen“ (Annalena und Clara sagen klar: „Auf keinen Fall!“) die besseren Argumente. Im Berliner Finale erreichten sie den achten Platz.

Die 15-Jährigen bereiten sich stets konzentriert vor, recherchieren Argumente, ordnen sie – und werfen sie sich dann gegenseitig an den Kopf, um ihre rhetorische Überzeugungskraft zu stärken. Die taktische Teamarbeit funktioniert: „Die Annalena ist immer die Stimme der Vernunft“, sagt Clara. „Und die Clara bringt es immer gut auf den Punkt“, ergänzt Annalena.

Mit Selbstvertrauen und Debattenroutine sind die Schülerinnen also bestens ausgestattet, deshalb sagten sie sofort zu, als der DK fragte, ob sie es mal mit zwei „Profis“ aufnehmen würden. Thema: „Soll das achtstufige Gymnasium (G 8) abgeschafft werden“ Auf der Gegenseite: Kulturreferent Gabriel Engert, dem „Jugend debattiert“ vertraut ist, weil er der Jury für den Stadtentscheid angehört, und Markus Meyer, Absolvent des Katharinen-Gymnasiums (Abitur 2006), angehender Gymnasiallehrer, Chef der Ingolstädter Jungen Union und CSU-Landtagskandidat.

Die beiden Herren gegen die zwei jungen Frauen: So sah die Konstellation aus. Die Elftklässlerin Lisa Gänsheimer, die bei „Jugend debattiert“ ebenfalls große Erfolge gefeiert hat, moderierte und wachte über die Beachtung der Regeln. Die Lehrerin Tanja Blendinger nahm die Zeit und bediente die Glocke.

Aber das Publikum – die Klassen 10 d und 10 e – erlebte nicht die erwartete Meinungsbildung, sondern eine Überraschung: vertauschte Rollen. Engert und der CSU-Kandidat Meyer stritten leidenschaftlich für die Abschaffung des G 8, die Schülerinnen kämpften wortmächtig gegen eine Rückkehr zum G 9.

Doch Bayerns Kultusminister kann unbesorgt sein: Die Ingolstädter CSU ist nicht der Rebellion verfallen. Vielmehr gehört die variable Meinungsaneignung zum Wesen des Wettbewerbs. Denn „Jugend debattiert“ dient nicht dem Zusammenprall persönlicher Ansichten, sondern der dialektischen Erschließung eines Themas mit Hilfe der Rhetorik. Jeder muss in der Lage sein, auch mal gegen seine private Überzeugung zu argumentieren. „Die Teilnehmer vertreten eine Rolle, keine eigene Position. Es geht darum, ein Problem debattierend in den Griff zu bekommen“, erklärte Michael Erber, Schulkoordinator für den Wettbewerb. „Weitere Anforderungen sind Sachkenntnis, zuhören und auf andere eingehen können sowie Überzeugungskraft.“

Reinhard Kammermayer, der Direktor des Katharinen-Gymnasiums, freute sich über diese „höchst richtige und notwendige Diskussion“, schließlich sei das G 8 „wie im Schnellwaschgang eingeführt worden“. Ein Gedanke, den Engert und Meyer gerne aufgriffen. Wie gesagt: Die Rollen waren bei diesem intellektuell-spielerischen Wettstreit sehr originell vertauscht.