Ingolstadt
Nur fürs Protokoll

Als Leiter des Hauptamtes wacht Hans Meier darüber, dass bei offiziellen Anlässen alles korrekt abläuft

23.04.2014 | Stand 02.12.2020, 22:47 Uhr

 

Ingolstadt (DK) Wer sitzt neben wem? Wer wird wann begrüßt? Welche Flagge steht wo? Und wo sind überhaupt die Blumen für die Frau des Ehrengastes? Offizielle Termine sind voller protokollarischer Fallstricke. Hans Meier, der Leiter des Ingolstädter Hauptamtes, kennt sie alle und weiß, wie man sie umgeht.

Der neueste Zuwachs im Fahnenschrank des Alten Rathauses in Ingolstadt ist die Flagge der Volksrepublik China. Zuletzt kam sie beim Empfang einer Delegation aus Ingolstadts neuester Partnerstadt Foshan zum Einsatz. Im Historischen Sitzungssaal wurde sie neben der Fahne mit dem Schanzer Stadtwappen aufgezogen, um der Veranstaltung einen würdigen Rahmen zu geben.

Für die korrekte Beflaggung ist als Leiter des Hauptamtes Hans Meier zuständig. Er muss dafür Sorge tragen, dass bei offiziellen Anlässen das Protokoll eingehalten wird. Dabei ist es nicht damit getan, die richtige Flagge aus dem Schrank zu holen. Mindestens genauso wichtig ist es, wo sie aufgestellt wird. „Wenn da ein Fehler passiert, könnte sich ein Gast zurückgesetzt fühlen“, erklärt er. Das Protokoll besteht aus Regeln, die sich im Laufe der Jahrhunderte herausgebildet haben. „Manche gelten weltweit“, sagt Meier. Etwa, dass ein Ehrengast rechts vom Gastgeber steht – vom Zuschauer aus gesehen also links. „Schon in der Bibel ist von der rechten als die gute Seite die Rede“, so Meier.

Auch bei der Beflaggung gibt es feste Regeln, die allerdings nicht überall gleich sind. So wehen in Bayern die Fahnen anders als im Bund. Werden etwa vor dem Ingolstädter Rathaus die Flaggen des Bundes, Bayerns und der EU gehisst, gebührt Schwarz-Rot-Gold der Ehrenplatz in der Mitte. Auf Platz zwei – vom Gebäude aus gesehen rechts der Deutschlandfahne – folgt Bayern. Der EU bleibt der Platz links. Nur am Europatag (9. Mai) darf Europa in der Mitte flattern.

Neben einer mexikanischen Flagge, die einmal kurzfristig für den Besuch eines Ministers angeschafft wurde und seitdem im Schrank liegt, hat Ingolstadt selbstredend die Flaggen aller Länder vorrätig, in denen die Schanz Partnerstädte hat. Kommen Gäste zum Beispiel aus Grasse, wird die französische Flagge rechts von der Ingolstädter aufgestellt. Was aber, wenn Abordnungen aus mehreren Städten zu Gast sind? Welcher Stadt gebührt dann der Ehrenplatz? „Wir ordnen die Flaggen nach dem Alter der Städtepartnerschaft an“, erklärt Meier (siehe Bild oben).

Für Außenstehende mag das Prozedere etwas umständlich erscheinen, aber das Protokoll wird von Politprofis und Diplomaten auch auf kommunaler Ebene sehr ernst genommen. So wird darauf geachtet, dass eine Flagge nie den Boden berührt, oder sonst schmutzig wird. „Schließlich sind das die Hoheitszeichen eines Staates“, so Meier.

Zum Protokoll gehört auch, in welcher Reihenfolge die Gäste begrüßt werden. „Ganz wichtig ist auch die Sitzordnung“, betont Meier. Und natürlich, wer überhaupt zu einem feierlichen Anlass eingeladen wird. So ist es üblich, wenn ein hoher politischer Gast seinen Ehepartner mitbringt, dass auch der Gastgeber in Begleitung ist. Werden verdiente Ingolstädter geehrt, ist es selbstverständlich, dass für die Ehefrau ein Strauß Blumen bereitsteht. Und wenn eine Frau ausgezeichnet wird, bekommt die Blumen eben ihr Begleiter. Wenn das unpassend scheint, „findet sich schon etwas anderes“, sagt Meier.

Die größten protokollarischen Herausforderungen in Ingolstadt waren in der jüngsten Vergangenheit der Besuch von Altkanzler Helmut Kohl im Jahr 2007 und die Trauerfeier für vier gefallene Soldaten im Ingolstädter Münster 2010, zu der unter anderem Bundeskanzlerin Angela Merkel, der deutsche Außen- und der Innenminister sowie der Außenminister von Afghanistan gekommen waren. Die Einhaltung des Protokolls war für das Hauptamt an diesem Tag freilich nur eine Aufgabe – wenn auch eine wichtige.

Gefragt nach protokollarischen Fehlern in seiner bisherigen Amtszeit, hüllt sich Meier in diplomatisches Schweigen. Nur so viel: „Fehler passieren natürlich immer wieder mal. Wichtig ist nur, dass sie der Gast nicht bemerkt.“