Ingolstadt
Mit Obst und Gemüse für eine bessere Welt

Initiative "Transition Town" möchte sich für ein nachhaltiges und energiesparendes Leben in Ingolstadt einsetzen

09.04.2013 | Stand 03.12.2020, 0:17 Uhr

Hier sollen Obst, Gemüse und Kräuter gedeihen: Beate Noe und Thomas Kirchmayer inmitten des Grundstücks, auf dem die Gruppe von „Transition Town“ ihren Garten anlegen möchte. - Foto: Brandl

Ingolstadt (DK) Rohstoffknappheit, Energiekostenexplosion, Lebensmittelskandale – eine Welt vor dem globalen Kollaps? Eine Menschheit vor unüberwindbaren Herausforderungen? So weit möchte es eine international bestehende Initiative namens „Transition Town“ (übersetzt etwa „Stadt im Wandel“) nicht kommen lassen und setzt deshalb auf nachhaltige und energiesparende Selbstversorgung. Auch in Ingolstadt gibt es eine solche Gruppe seit einem Jahr.

Am Montagabend lud ihr Sprecher, Thomas Kirchmayer, zum Informationsabend ins Südviertel ein, um das Konzept einigen Bürgern vorzustellen. Ein Dutzend Zuhörer folgte seinen Ausführungen.

Es hört sich an wie eine Art Nachbarschaftshilfe in Sachen nicht-fossiler Lebensart. Denn das Netzwerk der Aktiven und Unterstützer ist noch klein und beschränkt sich im Moment auf Teile des Ingolstädter Südwestens. Dort hat die Initiative seit wenigen Wochen ihr neues Quartier aufgeschlagen: Es ist 800 Quadratmeter groß und auf diesem Grund sollen schon bald nach dem Vorbild einer Permakultur Hochbeete, Kräuterspiralen, eine Kompostanlage, Brunnen und vielleicht ein Weidenzaun entstehen. Jeder Beteiligte soll sich in dem gepachteten Gemeinschaftsgarten dann nach seinem Können und Wissen einbringen. Außerdem sollen die Nachbarn zum Mitmachen eingeladen werden. Sinn und Zweck des Vorhabens: in kleinen Schritten städtisch sowie regional ein Netzwerk aus Selbstversorgern zu errichten, um sich so ein Stück weit unabhängig zu machen von bestehenden Nahrungs- und Energiekreisläufen.

„Ich will aufhören, ständig über die Probleme zu reden, sondern sie beseitigen“, sagt Kirchmayer. Dazu möchten er und die etwa 20 Aktiven ihren Lebensstil ändern und auf lokale Versorgung setzen. Den Anfang soll der Garten machen, denn ein Konzept, das die gesamte Stadt von Beginn an mit einbinden wollte, ließ sich nicht realisieren und verlief laut Kirchmayer nach drei Monaten wieder im Sand. Wohl auch, weil Ingolstadt sehr industriell geprägt sei, wie er annimmt.

Kirchmayer zeigt den Zuschauern Ausschnitte aus einem Dokumentarfilm, der das Prinzip „Transition Town“ anhand der englischen Stadt Totnes erläutert. Dort wurde die Idee 2006 von irischen Studenten geboren. Von Anfang an bindet der 48-jährige Religionslehrer seine Zuhörer in den Abend mit ein, befragt sie anschließend nach ihrer Stimmung und ihren Gefühlen. Sie verspüren Wut, aber auch Optimismus, berichten zwei Frauen. „Es wird überlegt, wie man immer mehr Energie produziert, um dann dem Verbraucher die Preise aufzudrücken, anstatt zu sparen“, äußert sich die eine. Ihre Tischnachbarin ist seit über 30 Jahren Vegetarierin. Diese Lebensart sei wie Yoga oder Radfahren inzwischen in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Das Gleiche erhofft sie sich für die Ideen von „Transition Town“.

„Die Qualität von Lebensmitteln aus meiner Kindheit möchte ich wieder haben“, wünscht sich ein männlicher Zuhörer. Und der Inhaber eines Ingenieurbüros wartet gleich mit konkreten Vorschlägen auf: „Jeder Haushalt kann am Stromhandel teilnehmen.“

Fernziel der Initiative ist es außerdem, bis zur Landesgartenschau 2020 ein Konzept vorzulegen, an dem dann die gesamte Stadt teilhaben kann. In Totnes habe dies von Anfang an funktioniert. „Dort gab es keine Abwehr der Politik“, sagt Thomas Kirchmayer. Man müsse sich eben „trauen zu träumen“.