Ingolstadt
Leid und Freud in dichter Folge

Während das Autohaus Hans Kraft insolvent ist, lebt die frühere Rieter-Tochter BO Systems munter weiter

03.01.2013 | Stand 03.12.2020, 0:39 Uhr

Traditionshaus in Friedrichshofen: Seit gut 50 Jahren besteht das Autohaus Hans Kraft - Foto: Strisch

Ingolstadt (DK) Mit zwei Sorgenkindern der Ingolstädter Wirtschaft hat der Insolvenzverwalter Hans-Peter Lehner aktuell zu tun: Frisch hinzugekommen ist das Traditionsautohaus Hans Kraft in Friedrichshofen. Dafür hat die von Lehner betreute BO Systems mindestens ein halbes Jahr Sicherheit.

Tradition ist in beiden Fällen sehr viel vorhanden. Das Friedrichshofener Autohaus beweist das alleine schon mit seiner sehr niedrigen Nummer für den Eintrag im Handelsregister. Doch wie lange es das Unternehmen mit seiner gut 50-jährigen Geschichte noch gibt, ist in diesen Tagen völlig offen. Seit kurz vor Weihnachten steht der Betrieb, der lizenzierter Vertragspartner für Audi und Volkswagen ist, unter vorläufiger Insolvenzverwaltung. „Die Krise hat die Ursache aber außerhalb eines Autohauses. Es liegt nicht am operativen Geschäft“, sagt der vom Gericht beauftragte Verwalter Hans-Peter Lehner dem DK. Mehr könne er dazu aber nicht sagen.

Darüber hinaus hat der Rechtsanwalt aber ganz gute Nachrichten zu verkünden, die auch die 30 Mitarbeiter gerne hören werden: „Ich gehe davon aus, dass wir hier einen Investor finden werden.“ Das Autohaus war zuletzt nur mehr als Servicebetrieb geführt worden. „Der Kfz-Handel ist de facto schon lange aufgegeben worden“, berichtet Lehner. Die Auftragslage in der Werkstatt sei gut. „Wenn man die alten Rückstände ausblendet“, laufe der Betrieb wirtschaftlich. Kaufinteressenten seien durchaus vorhanden, sagt Lehner.

Beim zweiten traditionsreichen Ingolstädter Sorgenkind, das der Anwalt gerade betreut, ist das ähnlich. Die Firma BO Systems auf dem alten Despag-Gelände gehört als frühere Tochter von Rieter zu der industriellen Keimzelle der Stadt. Deshalb bemühen sich alle Beteiligten (Verwalter, Gewerkschaft, Kunden) ganz besonders um den kränkelnden Betrieb, der seit 1. November unter regulärer Insolvenzverwaltung steht. Ein Käufer ist zwar noch nicht gefunden, „aber wenn ich mir nicht versprechen würde, dass wir noch einen finden“, so sagt Lehner, dann hätte er das Projekt wohl längst beerdigt.

Doch eine kurzfristige Liquidation des auf die Veredelung von Blechen und Oberflächen spezialisierten Zulieferers kommt vorerst nicht infrage. Das hat der Gläubigerausschuss kurz vor Weihnachten auch mit großer Mehrheit beschlossen. Immer mit der Maßgabe, so Lehner: „Solange wir kostendeckend arbeiten.“

Das läuft aktuell sogar so gut, dass der Verwalter den Kunden sogar eine Liefergarantie bis mindestens zur Jahresmitte gegeben hat. „Wir haben positive Aussagen von Rieter, dass weitere Aufträge kommen“, sagt Lehner. Außerdem ist der Personalbestand kaum verändert. Noch 115 Mitarbeiter der Stammbelegschaft und 18 Leiharbeiter sind beschäftigt. „Es gab keine Arbeitgeberkündigungen“, betont Lehner.

Dabei laufe die Zusammenarbeit mit der IG Metall „sehr positiv, sonst hätte es nicht geklappt“. Die Gewerkschaft habe Ruhe ins Verfahren gebracht. „Die Mitarbeiter waren sehr gebeutelt, die waren am Hund“, sagt Lehner sogar. Sie hatten vor der Insolvenz große Einschnitte hinnehmen müssen und in kurzer Folge acht Geschäftsführer eines Investors erlebt.