Ingolstadt
Kunst trifft Gemetzel

Sonderausstellung "Europäische Stammeskriege" ab Freitag im Reduit Tilly

22.09.2015 | Stand 02.12.2020, 20:46 Uhr

Rund 100 Bilder von drei zeitgenössischen Künstlern sind ab Freitag bis 22. November im Reduit Tilly ausgestellt. Unter anderem beteiligt sich der 1980 geborene Maler Andrew Gilbert an der Schau „European Tribal Wars“ (Europäische Stammeskriege). In diesem Gemälde widmete er sich der Schlacht von Culloden, in der die Engländer am 16. April 1746 die Armee aufständischer Jakobiten schlug - Fotos: Bayerisches Armeemuseum

Ingolstadt (DK) Das Bayerische Armeemuseum präsentiert ab Freitag im Reduit Tilly unter dem Titel „Europäische Stammeskriege“ moderne Kunst. Thema sind die Schrecken vergangener und künftiger Kriege, aber auch aktuelle Konflikte, die der Schau durch die Flüchtlingssituation zusätzlich Brisanz verleihen.

„Stammeskriege sind besonders radikale Kriege“, erklärt Ansgar Reiß, der Leiter des Bayerischen Armeemuseums. Solche Auseinandersetzungen seien durch eine scharfe Abgrenzung der eigenen Gruppe zu „dem Fremden“ definiert. Dabei denkt er nicht – wie man vielleicht meinen könnte – an Fehden ferner Ureinwohner, sondern an Europa. Der Erste Weltkrieg, dem die Dauerausstellung im Reduit Tilly gewidmet ist, sei ein solcher Krieg gewesen, in dem es um Grundsätzliches wie Ehre und nationales Selbstbewusstsein gegangen sei. „Das Entsetzliche war, dass man deswegen nicht mehr aus dem Krieg hinausgefunden hat.“

In der Kunstausstellung „European Tribal Wars“ (Europäische Stammeskriege), die am Freitag um 18 Uhr im Reduit Tilly eröffnet wird (siehe Kasten), beschäftigen sich die drei Künstler, Andrew Gilbert, Stefan Kaminski und Dominic Wood, mit der Thematik. Gezeigt werden rund 100 Werke auf etwa 400 Quadratmetern Ausstellungsfläche. Zu den Exponaten gehören einige großformatige Gemälde, die gerade so in die Ausstellungsräume im Erdgeschoss des historischen Gebäudes passen. Auch die Räume selbst werden dabei als Teil der Ausstellung gestaltet. Unter anderem soll es einen „Thronsaal“ geben und Zimmer, die an Kirchenbauten erinnern.

Inhaltlich knüpft die Schau an die Ausstellung der Sammlung des gebürtigen Ingolstädters Tom Biber ab, die unter dem Titel „Apokalyptik als Widerstand“ vor zwei Jahren im Reduit Tilly gezeigt wurde. Biber war auch an der Konzeption der aktuellen Ausstellung beteiligt, die in Zusammenarbeit mit den Künstlern in Berlin und Ingolstadt erarbeitet wurde. „Ein spannendes Moment ist auch, die Kunst nicht in einem ,white cube’ zu zeigen, sondern in einem geschichtsträchtigen Kontext mit historisch aufgeladenen Inhalten“, heißt es im Begleittext zur Ausstellung. Dabei ist das Thema kein rein geschichtliches. „Es geht nicht nur um Politik, sondern um den Geist dahinter“, erläutert Reiß. „Wir waren frappiert, wie aktuell das Thema ist.“ Angesichts der gegenwärtigen Flüchtlingsbewegungen werde immer wieder von einer „Völkerwanderung“ gesprochen. Auch das erinnere in seiner Metaphorik an Stämme, die sich „aufmachen in ein gelobtes Land“, findet Reiß. Und entgegen den Bekundungen einer „bunten, gemeinsamen Welt der Vielfalt“ schotteten sich viele europäische Staaten wieder ab. „Da ist kein Gedanke an Offenheit“, beobachtet Reiß. „Es geht wieder nur darum, den eigenen Stamm gegen das Fremde abzugrenzen.“