Ingolstadt
Kleine Heerschau mit viel Show

Die Bundeswehr hat auf dem Bürgerfest aufwendig für sich geworben – das fanden manche deplatziert

15.07.2013 | Stand 02.12.2020, 23:54 Uhr
Im Dienst der Nachwuchsarbeit: Ein 14-köpfiges Bundeswehr-Team betrieb während des Bürgerfests am Rathausplatz Werbung in eigener Sache. Die Truppe stellte auch die Bühne vor der Sparkasse und die »Karrieretreff«-Gondel zur Verfügung. −Foto: Benz

Ingolstadt (DK) Die „Karrieretreff“-Gondel der Bundeswehr am Rathausplatz gehörte zu den großen Attraktionen des Bürgerfests. Allerdings fanden es einige Besucher deplatziert, dass die Truppe mit viel Aufwand für sich geworben hat. Es kam zu einer kleinen Protestkundgebung. Über den Einsatz wird diskutiert.

Die Truppe trug ihre Informationsoffensive mit schwerem Gerät vor: Der schnittige Showtruck vor der Sparkasse, auf dessen Bühne unter anderem Bonfire rockten, ist Bundeseigentum, das Emblem der Bundeswehr prangte gut sichtbar über den Musikern. Die Aufsehen erregende Glasbodengondel war ebenfalls für die Streitkräfte im Einsatz: Der „Karrieretreff“ am Kran beförderte die Besucher in 50 Meter Höhe. Am Boden betrieb derweil ein 14-köpfiges Team Basisarbeit, flankiert von kriegstauglichem Material wie einem Motorrad der Feldjäger oder einer Pilotenmontur. Der Bürgerfeststandort gegenüber der Sparkasse war also gut ausgebaut und kaum zu übersehen. Ein Großeinsatz, denn seit dem Ende der Wehrpflicht sucht die Bundeswehr um so reger nach geeignetem Nachwuchs.

Nicht jedem hat das gefallen. Die starke Präsenz der Armee – noch dazu in derart exponierter Lage – passe nicht zu einem Bürgerfest, raunte mancher Besucher, der an der kleinen Heerschau vorbeimarschierte. Für sogenannte Antifaschisten zählt die Bundeswehr ohnehin zu den Lieblingsfeindbildern. Deshalb verteilten einige Mitstreiter der Ingolstädter Antifa-Gruppe Lara (für „La Résistance“ – der Widerstand) vor dem Info-Mobil Flugblätter, um gegen die Aktion zu protestieren. Auch das, meinte so manch unbeteiligter Flaneur, wolle er auf einem Bürgerfest eigentlich nicht sehen.

„Die Demonstration war völlig in Ordnung“, sagt Sarah Menauer, Karriereberaterin bei der Bundeswehr im Rang eines Oberleutnants. „In einem freien Land ist so etwas selbstverständlich. Außerdem verlief ja alles friedlich.“ Die Offizierin war auf dem Bürgerfest im Einsatz und berichtet von „vielen positiven Reaktionen der Besucher“. Die Präsenz am Wochenende habe einzig der Information gedient, betonte Sarah Menauer gestern auf DK-Anfrage. „Wir sind nicht mit einem Aufnahmenantrag in der Hand angekommen. Das ist an unserem Infomobil auch gar nicht vorgesehen. Unser Ziel ist es, das breite Spektrum darzulegen, das die Bundeswehr bietet: rund 60 Ausbildungsberufe und 20 Studiermöglichkeiten.“

Oberleutnant Sarah Menauer widerspricht auch der Kritik, die Bundeswehr würde mit spielerischen Ereignissen wie Beachvolleyballturnieren gezielt Minderjährige umwerben. „Man muss bedenken, dass viele mit 16 aus der Schule kommen. Die jungen Leute wollen sich orientieren. Man darf sowieso erst mit 17 zur Bundeswehr gehen – das eigene Einverständnis und das der Eltern vorausgesetzt.“

Die Ingolstädter Linksjugend hat auf dem Bürgerfest nicht gegen die Bundeswehr demonstriert, wenn auch nur aus organisatorischen Gründen, erzählt der Aktivist Sebastian Schuller. „Aber wir unterstützen natürlich den Protest der Lara!“ Der 23-jährige Student begründet das so: „Ein Bürgerfest soll den Zusammenhalt der Leute in lockerer Atmosphäre fördern. Mit einer Werbeaktion für die Bundeswehr wird aber ein ernstes Geschäft, nämlich das Geschäft des Krieges, in einen Zusammenhang gebracht, in den es nicht gehört.“ Die Frage, ob die Bundeswehr generell öffentlich auf Nachwuchssuche gehen soll, beantwortet er ambivalent: „Es wäre utopisch zu glauben, dass wir derzeit ohne Soldaten auskommen können. Aber die Art und Weise, wie die Bundeswehr wirbt, ist nicht akzeptabel. Da werden in Volksfeststimmung junge Leute angesprochen, die noch nicht vernünftig urteilen können.“ Schuller nennt das „unterschwellige Propaganda“.

Für Festleiter Albert Schneider vom Kulturamt war der Beitrag der Soldaten eine große Bereicherung: „Wir haben vereinbart, dass die Bundeswehr der Bürgerschaft auch kulturell etwas bietet. Das ist ihr bestens gelungen! Sie hat die Bühne mit der Technik plus die Bands Big Maggas und Mad Pack bezahlt. Sie hat die Gondel zu familienfreundlichen Preisen angeboten, und bei der Information hat sich niemand aufgedrängt. Hier konnte man überhaupt nichts abschließen, da ging es nur um Berufe.“ Er habe keine Klagen gehört, berichtet Schneider. „Im Übrigen war die Bundeswehr schon zum dritten Mal auf dem Bürgerfest.“ Auch früher sei alles friedlich geblieben.