Ingolstadt
Kinder noch mal an die Macht

Kindolstadt war 2016 ein großer Erfolg für eine Neuauflage 2019 fehlt es bisher aber noch an finanziellen Mitteln

16.06.2017 | Stand 23.09.2023, 2:46 Uhr

Foto: DK

Ingolstadt (DK) Rund ein Jahr ist es her, dass Kindolstadt seine Tore öffnete. Doch was ist aus dem soziokulturellen Projekt geworden? Laut Stadtjugendring, der sich bereit erklärte die Kinderstadt fortzuführen, bislang nicht viel - noch fehlen die finanziellen und personellen Mittel der Stadt.

Arbeiten gehen, Geld verdienen, Steuern zahlen - Normalität im Leben eines Erwachsenen. Mit solchen Alltagssorgen müssen sich Kinder normalerweise nicht auseinandersetzen. Es sei denn, sie haben im vergangenen Jahr in Kindolstadt gelebt. Dort ging es fast so zu wie im Leben der Erwachsenen auch, aber eben ohne Erwachsene. Eltern waren in Kindolstadt nicht gern gesehen. Sie durften nur einreisen, wenn sie vorher ein Visum beantragt haben. Und auch dann nur höchstens eine halbe Stunde.

6000 Kinder im Alter von sieben bis 13 Jahren wuselten damals durch die Kinderstadt, die im Exerzierhaus im Klenzepark zwei Wochen geöffnet war. Wie die Großen mussten die Kindolstädter für ihr Geld schuften gehen - im Blumenladen, in der Gärtnerei oder im Friseursalon. Von dem hart verdienten Geld leisteten sich die jungen Einwohner dann mal einen Kinobesuch mit Popcorn oder schauten beim Kiosk vorbei.

Ziel des Projekts, das das Stadttheater ins Leben gerufen hat, war es, Kindern eine Stimme zu geben, um deren Wünsche und Ziele zu verwirklichen. Das Konzept ist aufgegangen und Kindolstadt gut angekommen - nicht nur bei den Kindern. Auch bei den Erwachsenen. Davon berichtet Maria Mayer, die damalige Projektleiterin von Kindolstadt: "Sowohl die Kinder als auch die Eltern waren begeistert." Das Besondere an dem Experiment: "dass von Anfang an alles auf den Ideen, Vorstellungen und Wünschen der Kinder aufgebaut wurde", schwärmt Mayer. Auch Kulturreferent Gabriel Engert äußerte sich durchweg positiv über Kindolstadt. Gegenüber dem DK sagte er im vergangenen Sommer: "Das war wirklich ein tolles Projekt, in jeder Hinsicht überzeugend und einfach schön gemacht." Wäre es dann nicht längst an der Zeit, dass Kindolstadt in eine neue Runde geht?

Im Herbst 2016 überreichte das Stadttheater bei der Abschlussveranstaltung in der Fronte 79 symbolisch den Schlüssel zu Kindolstadt an den Stadtjugendring (SJR). Ein Zeichen dafür, dass er die zukünftigen Kinderstädte in Ingolstadt organisiert. Die Requisiten von Kindolstadt lagern seitdem in einer Halle auf dem ehemaligen Weinzierlgelände. "Die letzte Aussage des Oberbürgermeisters Christian Lösel war, dass Kindolstadt 2019 wieder stattfinden wird", sagt Stefan Moser, Geschäftsführer des Stadtjugendrings Ingolstadt. Bisher könne aber mit der Planung für die Neuauflage nicht begonnen werden - "die Stadt Ingolstadt stellt derzeit hierfür weder personelle noch finanzielle Mittel zur Verfügung. Deshalb kann der SJR das Projekt momentan nicht fortführen", klagt Moser.

Kulturreferent Engert kann die Sorge des SJR-Geschäftsführers derzeit nicht ganz nachvollziehen: "Es ist noch gar nichts beschlossen. Die finanziellen Mittel für Kindolstadt 2019 können erst im Jahr 2018 zur Verfügung gestellt werden", betont er.

Wie Kindolstadt in Zukunft aussehen wird, steht noch nicht endgültig fest. Deutschlandweit gibt es rund 20 Konzepte für Kinderstädte. Ziel ist es laut Moser langfristig gesehen, jedes Jahr die Tore Kindolstadts zu öffnen. "Das Projekt soll dann aber ein bisschen anders ablaufen als im letzten Jahr", sagt er. Geplant sei zum Beispiel, Kindolstadt nur noch eine Woche zu veranstalten. 2016 durften die Kinder zwei Wochen lang ihre eigene Stadt mit Leben füllen. Auch überlegt der SJR, die Teilnehmerzahl zu verringern: "Im vergangenen Jahr wollte man, dass möglichst viele Heranwachsende in den Genuss von Kindolstadt kommen. Das führte dazu, dass manche Kinder nur einen halben Tag dort verbringen konnten. Das soll in Zukunft anders werden." Das bedeutet: Ein Kind wird von den Eltern angemeldet und darf dann eine komplette Woche in Kindolstadt leben, was natürlich die Teilnehmerzahl begrenzt.

Von Mosers Vorschlag, Kindolstadt jährlich zu organisieren, hält Engert wenig: "Ich finde es sinnvoll, dass Kindolstadt alle zwei oder drei Jahre öffnet. Gerade die Schulen benötigen eine lange Vorbereitungszeit, deshalb ist es zu eng gestrickt, das Projekt jährlich stattfinden zu lassen."

Xenia Schmeizl