Ingolstadt
Kein Geld mehr für Autofahrt zu den Kindern

07.01.2010 | Stand 03.12.2020, 4:21 Uhr

Ingolstadt (DK) Mehr Geld für Scheidungskinder: Noch sind sie laut Familiengericht nicht offiziell – die neuen, um etwa 13 Prozent angehobenen Unterhaltssätze der Düsseldorfer Tabelle.

Doch jene, die zahlen müssen, schlagen bereits Alarm und wehren sich gegen die "willkürlichen Erhöhungen", wie der Interessenverband Unterhalt und Familienrecht meldet. Kritik kommt auch vom Verein Väteraufbruch Ingolstadt: Die Sätze würden ständig angehoben, während das Realeinkommen weiter sinke.

Und so kommt denn auch so mancher Vater – unterhaltspflichtige Mütter sind nach wie vor die Ausnahme – langsam an seine finanziellen Grenzen. Wer den Unterhalt nicht mehr aufbringen kann, der hat die Möglichkeit, beim Familiengericht eine Senkung zu beantragen. Doch die Aussicht auf Erfolg ist äußerst gering: "Speziell in Ingolstadt verweigern die Gerichte trotz massiver finanzieller Probleme der Antragsteller meist eine Änderung", so Achim Mette, Kreisgruppensprecher des Vereins Väteraufbruch. "Die Richter interessiert das nicht." Oft laute ihr Rat einfach nur: "Suchen Sie sich halt einen zweiten Job."

Richter bleiben hart

Der Ingolstädter Familienrichter Ludwig Uhlmann bestätigt, gerade im Falle minderjähriger Kinder sei die Rechtsprechung hart: "Es gilt nicht, was jemand verdient, sondern was er verdienen kann." Doch da gibt es angesichts der Wirtschaftskrise deutliche Unterschiede – zum Beispiel bei Anstellungen in Zeitarbeitsfirmen. "Trotz Vollzeitjob reicht das Geld dann oft nicht mehr", betont der Richter und gesteht: "Da tränen einem manchmal die Augen, wenn man hört, was diese Leute verdienen. Das sind dann auch die Fälle, wo ein Antrag auf Absenkung des Unterhalts mal durchgeht. Doch im Regelfall wird abgelehnt."

Laut Uhlmann gibt es beim Familiengericht ständig Anträge auf Änderung des Unterhalts – allerdings gehe es zum Großteil um eine Höherstufung. Zum Beispiel, wenn der Vater wegen Schichtarbeit mehr verdient.

Die Düsseldorfer Tabelle sei grundsätzlich eine wichtige Bemessungsbasis, meint Achim Mette: "Doch eine situationsangepasste Entscheidung würde Wunder tun. Aber das wäre ja Arbeit für die Familiengerichte. Die haben gar nicht die personellen Kapazitäten. Also wird einfach nach Schema entschieden." Und so würden immer mehr Unterhaltspflichtige in die Verschuldung getrieben – bis hin zur Lohnpfändung, die oft zur Kündigung des Bankkontos und im schlimmsten Fall zum Verlust des Arbeitsplatzes führen könne.

Doch selbst wenn es nicht so weit kommt, hätten manche Väter schon Probleme, das Geld aufzubringen, um die Kinder am Wochenende mit dem Auto abzuholen oder etwas mit ihnen zu unternehmen. "Dein Vater will dich nicht sehen, denn er kann das nicht bezahlen", solche Sätze bekämen die Kinder dann zu hören, berichtet Mette aus der Praxis beim Väteraufbruch.

Notruf vom Verein

Die Ingolstädter Kreisgruppe wurde 2001 gegründet und hat mittlerweile über 50 Mitglieder, darunter auch Mütter. "Wir sind geschlechtsneutral – uns interessiert nur das Wohl des Kindes", so Mette, der schon in der ZDF-Sendung Mona Lisa zu Wort kam. Die Vereinstreffen finden an jedem dritten Mittwoch eines Monats ab 19.30 Uhr im Bürgerhaus Alte Post statt. Außerdem gibt es eine Notrufnummer: (0841) 99 36 99 50.

Angehoben wurde zu Jahresbeginn übrigens auch der Unterhaltsvorschuss, den das Jugendamt (auf Antrag) leistet, wenn ein Elternteil nichts oder zu wenig zahlt. Für Kinder unter sechs Jahren sind es jetzt 133 Euro monatlich, bis zwölf Jahre 180 Euro.

Im Jahr 2008 gab es laut Jugendamtsleiter Maro Karmann 595 Fälle, für in Ingolstadt lebende Kinder wurden über 1,1 Millionen Euro an Unterhaltsvorschuss ausgezahlt. Davon konnte immerhin mehr als ein Drittel wieder bei den unterhaltspflichtigen Elternteilen zurückgeholt werden. Das ist mehr als je zuvor.