Ingolstadt
Kamele, Schafe, Züge, Pommes

Spielenachmittag in der Fronte: Taktik und Strategie, gewinnen und verlieren an vollen Tischen

23.11.2014 | Stand 02.12.2020, 21:57 Uhr

Zehn Stunden Brettspiele genießen: In die Fronte kamen am Samstag Jung und Alt, um altbekannte oder auch neue Spiele auszuprobieren. Es wurde gewürfelt, gepunktet, getauscht, gesammelt und gewonnen (oder verloren). Eingeladen hatte der Spieleclub Ali Baba - Fotos: Eberl

Ingolstadt (DK) Hier wird gespielt, was die Konzentration erlaubt. Start 14 Uhr, Ende 24 Uhr. Jung und Alt setzen zehn Stunden auf Strategie und Taktik, suchen Abwechslung und das Miteinander, hoffen auf Glück, Siege und haben vor allem viel Spaß. Es ist Samstag und Spielenachmittag in der Fronte.

Der Spieleclub Ali Baba hat eingeladen, und die Tische sind fast immer voll besetzt. Die Besucher müssen zuweilen in den Nebenraum ausweichen. Mitunter auch auf ein anderes Spiel als das gewünschte. Das Spiel des Jahres zum Beispiel, „Camel Up“, ist nämlich meist vergriffen. Glück haben Anja und Gunnar Kurth aus Ingolstadt mit ihren Kindern Niclas (8) und Maxim (6) und deren Onkel Torsten Kurth aus Weimar. Sie setzen auf die bunten Kamele und lassen sie laufen. „Das Spiel ist der absolute Renner“, weiß die Mama. „Wir kannten es schon vorher, die Kinder wollten es unbedingt spielen.“ Die erste Runde hat Niclas gewonnen, die zweite auch. Man spürt, dass die Kurths auch zu Hause spielen. „Sehr viel sogar“, sagt Anja Kurth. „Wir waren letztes Jahr auch schon hier.“ Geblieben sind sie bis 20 Uhr, weil Mama und Papa ihrem Maxim versprochen hatten, er müsse am Samstag ausnahmsweise erst um 21 Uhr ins Bett.

Bernhard Löhlein und Heribert Bartz sind vom Ali-Baba-Spieleclub und kennen alle Spiele, die sie an diesem Tag dabei haben. „Mensch ärgere Dich nicht“ fehlt. „Wenn man sich ein neues Buch kauft, nimmt man ja auch keines, das im 15. Jahrhundert geschrieben wurde“, schmunzelt Bartz. Löhlein, der in der Jury zum „Spiel des Jahres“ sitzt, vertieft diesen Gedanken: „Die aktuellen Spiele fordern dich viel mehr.“ Doch die zwei Ali-Baba-Spieler wollen „natürlich niemandem den Spaß an Mensch ärgere Dich nicht nehmen“.

„Wir spielen jeden Tag nach der Arbeit und vor dem Abendessen zusammen“, sagen Antje und Michael Schmid aus Lichtenau. „Wir spielen immer zu zweit und suchen uns daher Spiele, die speziell für zwei gemacht sind.“ Heute ist es „Patchwork“. Empfohlen hat ihnen ein Arbeitskollege den Spielenachmittag. „Der ist heute gar nicht da, aber wir kommen wieder.“

„Ich spiele nicht auf Sieg“, gibt Ralph Bienert aus Lippertshofen zu. „Ich muss nicht gewinnen, um zufrieden zu sein. Das miteinander spielen ist für mich der Kick.“ Er ist zwar mit seinen Kindern da, duelliert sich aber bei „Voll Schaf“ schnell mal mit Philipp Kapfhammer aus Ingolstadt. Bienert: „Bei uns zu Hause wird nicht fernsehgeschaut, wir freuen uns, wenn wir miteinander spielen können.“

Ali Baba hat die Spiele sortiert. Links warten die einfachen, die auch kindergerecht sind, auf die Gäste, und ganz rechts stehen die Strategie- und Taktikspiele, die auch gerne mal vier, fünf oder mehr Stunden dauern. Das geht nur mit Leidenschaft. „Die muss man schon ein bisschen haben“, weiß Löhlein. „Dann wird das Spielen mit anderen Menschen zu einem Erlebnis.“

Leidenschaft bringen Eva Steidl und ihr Sohn Michael aus Ingolstadt mit: Zug um Zug stellen sie die Deutschlandkarte voll. „Ein Spiel muss einfach sein. Wenn man es hundertmal erklären muss, ist es nichts für uns“, sagt Eva Steidl. Sie wollen gleich drauflos spielen können, aber auch ein bisschen gefordert sein.

„Spielen ist nicht nur was für Kinder“, weiß Löhlein. Für ihn ist es „Kultur wie Literatur oder Kino“ – auch wenn es zwischendurch Pizza oder Pommes gibt. „In den vergangenen Jahren ist es gelungen, das Spielen aus der Kinderecke herauszuholen.“