Ingolstadt
Italiener, die einem spanisch vorkommen

Die Polizei warnt vor Internetbetrügern der "Nigeria Connection", die mit gefälschten Ausweisen Vertrauen erwecken wollen

05.03.2012 | Stand 03.12.2020, 1:45 Uhr

Das ist nicht Claude Magrini. Und der Herr auf diesem gefälschten Personalausweis kann auch nichts dafür. Betrüger haben sein Foto missbraucht. Das Gesicht wurde vom DK unkenntlich gemacht.

Ingolstadt (sic) Beinahe wäre Marco Alff das Opfer eines Internetbetrügers geworden, aber der Ingolstädter durchschaute die List noch rechtzeitig. Doch viele andere, die im Internet auf Sonderangebote hoffen, sind da leichtsinniger, wie die Kriminalpolizei aus leidvoller Erfahrung weiß. Sie warnt daher: Obacht bei verlockenden Offerten mit Vorschussforderung!

Dem Angebot war schwer zu widerstehen: Ein Fernglas der Marke Zeiss, Typ Victory, für nur 500 Euro, angeboten in der Rubrik Kleinanzeigen des Internetauktionshauses Ebay. Neu kostet so ein auch unter Jägern sehr beliebter Feldstecher gute 1600 Euro. Schon das kam Marco Alff ein bisschen spanisch vor. „Ich wusste natürlich, dass das viel zu günstig ist.“ Aber er nahm trotzdem mit dem Händler Kontakt auf, denn wie gesagt: Der Preis war echt verlockend.

Dann die nächste mysteriöse Beobachtung: Laut Ebay wohnte der Verkäufer in Köln, es meldete sich aber via Mail ein gewisser Claude Magrini, angeblich aus Venedig, Via Luigi Boccherini. Der Italiener immerhin war sehr um einen seriösen Eindruck bemüht und schickte Alff einen eingescannten Personalausweis – als eine Art virtueller Vertrauensbeweis. Er erreichte damit das Gegenteil. „Jetzt haben bei mir endgültig die Alarmglocken geläutet“, berichtet Alff. „Der Ausweis kam mir seltsam vor. Und weil ich keine Ahnung habe, wie die in Italien aussehen, habe ich mal bei der Google-Bildersuche ,passaporto italiano’ eingegeben.“ Das war das große Glück des 31-jährigen Ingolstädters, denn schon bei den ersten Treffern entdeckte er ein bekanntes Gesicht: der angebliche Claude Magrini, auf einem gefälschten Personalausweis – im Ensemble ähnlicher Machwerke. Die Seite warnt vor Tricks der so genannten Nigeria-Connection, die in großem Stil und mit perfidem Einfallsreichtum Internetbetrug betreibt. „Das ist schon eine skurrile Geschichte. Zum Glück hatte ich noch nichts überwiesen“, erzählt Alff. „Ebay hat das Angebot sofort rausgenommen.“ Er wird in Zukunft noch viel misstrauischer sein.

Mit der Polizei hat er bereits gesprochen. Doch die Beamten sehen nur wenige Chancen, an die Drahtzieher des versuchten Betrugs heranzukommen – aus leidiger Erfahrung. Helmut Fink, Erster Polizeihauptkommissar, ist bei der Ingolstädter Kripo ein Experte für Internetkriminalität und kennt die Machenschaften der Betrüger. „Wenn der Täter ungeschickt ist, wählt er für sein falsches Internetkonto einen Anbieter, der die Nutzerdaten nach spätestens sieben Tagen löscht, dann verschwinden sie im Datenmüll. Danach wird es für uns schwer. Wenn der Täter klug ist, wählt er einen Anbieter, der die Daten sofort löscht. Oder er benutzt einen Proxyserver, der wie eine Rufumleitung funktioniert – in all diesen Fällen verlaufen die Ermittlungen im Sand.“ Fink muss leider melden: „Die Täter werden immer raffinierter.“

Vorschussbetrug nennt man das Delikt. Extrem günstige Angebote locken in Kleinanzeigen, gern auch mit einem reizvollen „Zu verschenken!“ eingeleitet. „Und bald stellt sich raus, dass man doch etwas zahlen muss“, erklärt Fink. Porto, Zoll, Versicherung, was auch immer. Der Verkäufer (oder Spender) bittet dann um die Überweisung – oft über Online-Bezahlsysteme wie Westernunion (das war auch in Alffs Falls so). „Solche Dienste werden gern von Betrügern benutzt, weil man sich da mit drei banalen Informationen, die man nicht weiter legitimieren muss, anmelden kann.“ Für die Polizei werde es da schwer, einen Ansatzpunkt zu finden. „Ohne IP-Adresse zur Identifizierung eines Internetnutzers haben wir keinen Tatort und damit keinen Täter“, erklärt der Experte.

Leider haben sich im Internetzeitalter noch viel mehr Abgründe aufgetan. „Da sind gefälschte Dokumente für alles im Umlauf, was man für einen Betrug braucht.“ Amtliche Schreiben, vermeintliche Erbscheine, Zertifikate et cetera. „Die sind natürlich alle nicht die Pixel auf dem Bildschirm wert“, sagt der Kripobeamte. „Man kann auch ganz einfach Festnetznummern generieren und so tun, als würde man aus der Nähe anrufen.“ Die Palette der Tricks und Bosheiten sei immens.

Finks Fazit: „Jedes Inserat genau hinterfragen! Und Finger weg, sobald jemand eine Vorauszahlung haben will! Leider habe ich keinen anderen Rat.“ Im Grunde, meint er, „sind viele Internetkleinanzeigen wie eine Lotterie“. Man könne da tolle Sonderangebote an Land ziehen, man könne aber auch ganz leicht betrogen werden. „Mehr als 50 Euro“, sagt Fink, „würde ich daher nicht einsetzen.“