Ingolstadt
Integration macht Schule

Wie leben die Zuwanderer in Ingolstadt? Was gibt es noch zu tun? Der Stadtrat will jetzt alles wissen

29.03.2012 | Stand 03.12.2020, 1:39 Uhr

Man spricht deutsch: Die Kinder von Zuwanderern können nicht früh genug damit beginnen, die Sprache in ihrer künftigen Heimatstadt Ingolstadt zu lernen – so wie hier bei einem Kurs in der Volkshochschule - Foto: Strisch

Ingolstadt (DK) Die Vielvölkerstadt Ingolstadt bekommt einen Integrationsbericht. In einer von den starken Frauen dominierten Debatte beschloss der Stadtrat einstimmig, dass die Stadtverwaltung einen Überblick geben soll, wie sich das Leben der Migranten in Ingolstadt bisher entwickelt hat.

Warum nach dem Sozial- und dem Bildungsbericht nun auch noch einen Integrationsbericht? Gudrun Rihl (SPD) und Veronika Peters (FW) hatten sich in einer gemeinsamen Initiative für eine Bestandsaufnahme in Sachen Integration stark gemacht. Beide teilten sich in der Vollversammlung die Aufgabe, für ihr Anliegen zu werben. „Wir brauchen einen Überblick über das, was geschehen ist, inwieweit Integration gelungen und wo Handlungsbedarf ist“, meinte Rihl.

„Frau Rihl hat eine wunderbare Gliederung verfasst und ich habe ein Vorwort geschrieben“, fuhr Peters fort, doch ihr Vorwort wuchs sich nach und nach zu einem Vortrag aus. Bald sah sie sich gezwungen, die vorbereitete Rede zwischendurch mit einem „Blablabla“ etwas abzukürzen. „Wir sind eine wachsende Stadt“, sagte sie, und dieses Wachstum komme überwiegend aus der Zuwanderung. „Diese Ressource muss angezapft werden.“ Derzeit liegt der Bevölkerungsanteil mit Migrationshintergrund in Ingolstadt bei etwa 40 Prozent, bei Kindern und Jugendlichen sind es sogar über 50 Prozent.

„Man kann natürlich gar nicht dagegen sein“, schien Grünen-Fraktionschefin Petra Kleine zunächst den Vorstoß der beiden Kolleginnen voll zu unterstützen, um danach zu erklären, dass sie doch „ein bisschen Bauchschmerzen“ habe und einen solchen Integrationsbericht nicht so toll finden würde. Die Haltung, die dahinter stehe, sei „überhaupt nicht emanzipatorisch“, lautete Kleines Vorwurf. „Frau Kleine hat das vielleicht nicht so richtig verstanden“, bekam sie daraufhin von Peters zu hören, „wir betrachten Migranten als Potenzial und nicht als Problemfälle.“ Aber die Grüne könne sich ja gern in eine Arbeitsgruppe mit einbringen – was wiederum Kleine ganz und gar nicht passte. „Das kann man nicht ehrenamtlich machen, dazu ist das Thema zu ernst!“ Letzten Endes gab es aber niemand, der sich im Plenum gegen den von Rihl und Peters beantragten Bericht aussprach.

Einer der ganz Stillen im Stadtrat, Johannes Hörner (CSU), konnte bei diesem Thema nicht an sich halten. „Ein paar Sätze von einem mit Migrationshintergrund“, begann der Russlanddeutsche zu erklären, weshalb er die ganzen Statistiken nicht so recht ernst nehmen kann. Er selbst, seine Frau, seine Kinder und Enkelkinder seien „voll integriert“. Und trotzdem würden laut Definition wohl selbst seine Urenkel noch „mit Migrationshintergrund“ geführt.

„Bei vielen ist das gar nicht mehr nachzuvollziehen“, weiß auch der städtische Integrationsbeauftragte Christian Lösel, der zu einem Antrag der Grünen Stellung nahm. Die Stadträtinnen bemängeln, dass Migranten in der Stadtverwaltung zu schwach vertreten sind. „Den Kommunen kommt eine Vorbildfunktion zu“, forderte Barbara Leininger Konsequenzen. Jürgen Siebicke (Linke) sieht hier eine „gewisse Bringschuld gegenüber Zuwanderern“.

Personalreferent Lösel versicherte, dass bei Neueinstellungen eine Diskriminierung absolut auszuschließen sei. „Wir sollten das ganze Thema etwas entspannter angehen“, empfahl er in puncto Migrantenanteil – und schoss mit einem Vergleich den Vogel ab: „Das ist wie bei den Frauen. Das entwickelt sich, man muss nur etwas warten können.“