Ingolstadt
Infobörse und Forum für Betroffene

Auch beim 27. Ingolstädter Gesundheitstag herrschte wieder großes Interesse an den Ständen

05.07.2015 | Stand 02.12.2020, 21:06 Uhr

Als Kämpfernatur zeigte sich OB Christian Lösel bei einer Einlage des Taekwondo Black Belt Center auf der Bühne am Paradeplatz. Während die Johanniter den Sanitätsdienst übernommen hatten, durften die Kinder beim Sozialdienst katholischer Frauen am Glücksrad drehen - Fotos: Eberl

Ingolstadt (DK) Mehr als 100 Vereine und Verbände, Selbsthilfegruppen, Ämter und gewerbliche Anbieter haben sich am Samstag beim 27. Ingolstädter Gesundheitstag vorgestellt. Die Bandbreite der Informationen war groß, das Interesse ebenso.

„Wachrütteln“ will Jörg Grossmann von der „Deutschen Gesellschaft für Mann und Gesundheit“ das vermeintlich starke Geschlecht. Denn die Zahlen, die der erste deutsche Männergesundheitsbericht geliefert hat, sind erschreckend: 80 Prozent der deutschen Männer gehen nicht zur regelmäßigen Vorsorge, die Selbstmordrate ist dreimal so hoch wie bei Frauen, die Lebenserwartung um 5,5 Jahre niedriger. Seit drei Jahren sind Grossmann und einige freiwillige Helfer deshalb in Deutschland unterwegs, um Männer für Gesundheitsthemen zu sensibilisieren. Beim Ingolstädter Gesundheitstag bieten sie kostenlose Testosterontests an. Denn ähnlich wie bei Frauen kommt es auch bei Männern zu hormonellen Umstellungen. „Die Folge können einige unspezifische Symptome wie Schlafstörungen, Hitzewallungen, Reizbarkeit, Antriebsschwäche oder Erektionsstörungen sein“, weiß Grossmann: „Aber viele Männer können damit nichts anfangen.“ Außerdem sei die Hemmschwelle immer noch recht hoch. Nicht so in Ingolstadt. Der Zulauf ist groß, viele lassen sich schon nach kurzer Zeit überzeugen. „Mein Hausarzt hat da noch nie was gesagt“, erzählt einer, während ein anderer einfach neugierig ist.

Ganz andere Probleme plagen Christa Thalmeir. Sie vertritt die „Deutsche Restless Legs Vereinigung“ und ist für die Selbsthilfegruppen in Ingolstadt und Pfaffenhofen zuständig. „Ich hatte schon als Kind Fußreißen“, erinnert sie sich an die vermeintlichen Wachstumsschübe in der Jugend. Heute kann sie als Betroffene ohne Medikamente nicht mehr schlafen. Denn vor allem nachts zieht, zuckt und juckt es in den Beinen, die einfach keine Ruhe mehr geben wollen. Etwa jeder Zehnte ist nach Angaben der Selbsthilfevereinigung von dieser Krankheit betroffen, deren Ursachen immer noch unbekannt sind und die erst vor wenigen Jahren überhaupt als Krankheit diagnostiziert wurde. „Viele wurden einfach nicht ernst genommen“, beklagt Thalmeir.

Ähnliche Schicksale haben auch Sarkoidose-Kranke zu beklagen. Aus immer noch unbekannten Gründen können durch diese Störung in der Anzahl von Immunzellen alle Organe betroffen sein. Ein weiteres Problem: „Die wenigsten Ärzte haben Erfahrung damit“, erzählt ein Betroffener am Stand: „Die Patienten müssen ihr Schicksal quasi selber in die Hand nehmen.“

Insgesamt sind es weit über 100 Stände aus dem Gesundheitsbereich, die sich an diesem Samstag in der Innenstadt präsentieren. Die Bandbreite ist enorm: Sie reicht von der Bayerischen Allianz für Telemedizin bis hin zum kurdischen Roten Halbmond, der Schwesterorganisation des Roten Kreuzes in arabischen Ländern, von der Nachbarschaftshilfe bis zum Pflegetruck der Diakonie am Rathausplatz. Natürlich ist auch das Gesundheitsamt mit mehreren Ständen mit von der Partie. Kindergesundheit ist heuer das Jahresthema, und so erklärt Marcella Lindemeier alte Hausmittel gegen Kinderkrankheiten wie Wadenwickel oder Rezepte für Naturtees.

Ein paar Meter weiter bietet Egidius Fehlner erfrischende Sommergetränke ohne Alkohol an. Als Mitglied des Kreuzbundes mit rund 350 Mitgliedern in der Region (inklusive Angehörige) hält er auch Vorträge und warnt vor den Gefahren der Alkoholkrankheit, wie er es nennt. „Meist muss was passieren, dass die Leute erkennen, dass sie krank sind“, erzählt er. Denn die Abhängigkeit entwickle sich schleichend. Im Unterschied zu den Anonymen Alkoholikern gehen die Kreuzbund-Mitglieder in ihren 20 Gruppen offener mit ihrer Sucht um. „Jeder kann zu uns kommen“, betont Fehlner und ergänzt: „Auch Rückfälle gehören dazu.“

Mit solchen Problemen hat der Nachwuchs des TSV Gaimersheim nicht zu kämpfen. Sie sind nur eine von etlichen Tanz- und Sportgruppen, die ihr Können auf den beiden Bühnen am Paradeplatz und auf der Moritzstraße präsentieren. Dazwischen wird an den Ständen gezeigt, dass gesunde Küche durchaus auch schmackhaft sein kann, wie dies etwa die Köche aus Ingolstädter Großbetrieben zeigen, die den Erlös an die Ingolstädter Tafel spenden.