Ingolstadt
Immer der Elbe nach

Edith Schöpfel hat ihre Vorliebe für lange Radtouren an deutschen Flüssen entdeckt

28.08.2015 | Stand 02.12.2020, 20:52 Uhr

Ziel erreicht: Nach 1380 Kilometern auf dem Rad und einigen Wetterkapriolen war Edith Schöpfel auf ihrer letzten Tour in Cuxhaven angekommen. Im September geht es auf dem Drahtesel der Elbe entlang von Dresden nach Hamburg - Foto: privat

Ingolstadt (DK) Eine Vorliebe fürs Reisen hatte die Ingolstädterin Edith Schöpfel schon immer. Von der Welt hat sie einiges gesehen. Ihre Schwäche fürs Fahrrad entdeckte sie auf einer Tour mit dem Schwager vom Brenner bis zum Gardasee.

Jetzt will sie von Dresden nach Hamburg entlang der Elbe radeln. Ein Wassermensch sei sie. Was auch immer das genau sein mag. „Ich habe eine besondere Beziehung zu Flüssen“, sagt Edith Schöpfel, die sich ansonsten auch für gute Romane begeistern kann. Wenn sie die Bücher einmal weglegt, ihr 18 Jahre altes Trekkingrad aus der Garage holt und damit zu einer langen Tour aufbricht, dann meist entlang von Deutschlands romantischen Wasserstraßen. Anfang September soll es wieder losgehen: Mit dem Zug nach Dresden und von dort aus, immer der Elbe nach, in die Lutherstadt Wittenberg und dann weiter nach Magdeburg und Hamburg.

Es ist nicht Schöpfels erste Radtour Richtung Norden. Die deutsche Küstenregion scheint sie magisch anzuziehen, was kein Wunder ist. Die sportliche Ruheständlerin mit dem jugendlichen Touch stammt ursprünglich aus Cloppenburg im nordwestlichen Niedersachsen, lebt aber schon seit 40 Jahren in Ingolstadt. Nach vielen Reisen in die weite Welt hat sie nun ihre Vorliebe fürs Heimatland entdeckt. „Ich möchte Deutschland mit dem Rad entdecken und schauen, wie mein Land eigentlich aussieht“, erklärt sie ihr Motiv. Enttäuscht wurde sie bislang nicht: „Ich bin begeistert von der Schönheit Deutschlands“, sagt sie und schwärmt als Erstes von Rothenburg ob der Tauber und dem Radweg Liebliches Taubertal.

Anfang September zieht es sie wieder nach Norden. Schöpfel ist gut gerüstet für die 14-tägige Tour. Nicht nur, weil sie rund 35 Kilo Gepäck aufladen wird. Auch, weil sie eine ähnliche Strecke vor zwei Jahren schon einmal bewältigt hat. Von Ingolstadt nach Cuxhaven, entlang des Grenzgebiets zur ehemaligen DDR und den Flüssen Altmühl, Main, Wern, Werra, Fulda und Weser – 1380 Kilometer in 13 Tagen. Mit allen Extremen von oben. „1000 Kilometer strahlender Sonnenschein, 380 Kilometer Regen und Gegenwind ohne Ende“, lautet ihr Wetterrückblick. Schöpfel hat sich durchgebissen. Bis zum Schluss. Pannenfrei. Und allein. Ihr Mann musste aus privaten Gründen passen.

Was man so erlebt, wenn man als Frau zwei Wochen Deutschland allein mit dem Rad bereist? Eigentlich nur Gutes. So wie bei Schweinfurt, als Schöpfel vor einem schier unüberwindbaren Labyrinth aus Umleitungen stand. „Da kommen sie alleine nicht weiter“, hat ein älteres Ehepaar zu ihr gesagt. „Die sind dann 50 Kilometer weit mit mir mitgeradelt“, erzählt sie. Bei Eisenach traf sie eine ältere Frau. „Sie haben es gut. Das hätte ich auch gerne gemacht“, begann diese mit der Radlerin aus Oberbayern zu philosophieren und beschrieb ihr Leben als eher tristes Dasein zwischen Mauerbau und Mauerabriss. „Dazwischen habe ich nichts gehabt“, lautet ihr Resümee. Die Menschen, die in den neuen Bundesländern geblieben sind, seien mitunter gefrustet, so Schöpfels Eindruck. Die jungen Leute dagegen seien weggegangen, um sich ein neues Leben aufzubauen.

Doch die ehemalige städtische Angestellte hat auch ein ausgeprägtes Faible für die Natur, durch die sie sich auf ihren Etappen, die frühmorgens beginnen, bewegt und die sie mit allen Sinnen genießt. „Störche, Vögel, die morgendliche Stille. Alles ist so friedlich“, schwärmt sie von den Stunden, wenn sie die oft menschenleeren Gegenden durchradelt. „Aber der Mensch schafft es nicht, friedlich zu leben“, ergänzt sie dann mit einem nachdenklichen und gleichzeitig hoffnungsvollen Schimmer in den Augen. Als wolle der Blick sagen, dass man das Gute doch nur entdecken und anzunehmen brauche. Radelnd zum Beispiel.

Gerne würde Schöpfel mit dem Rad die Welt umrunden oder zumindest bis auf den Balkan reisen und Griechenland, Bulgarien und die Türkei erkunden. Das sei ihr als Frau allein aber dann doch zu gefährlich, räumt sie ein. Die Romane bleiben auf den Touren strikt zu Hause. Das Leben auf dem Drahtesel erzählt dann offensichtlich doch die schöneren Geschichten.