Ingolstadt
"Im Zeitalter der Inklusion nicht angemessen"

Ingolstädter Gehörlose fordern mit Petition Änderung der Fahrerlaubnisverordnung

16.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:38 Uhr

Ingolstadt (DK) Gehörlose Menschen sollen ohne kostspieliges fachärztliches Gutachten den Führerschein machen: Diese Änderung der Fahrerlaubnisverordnung fordern zwei junge Ingolstädter.

Auf der Internetseite epetitionen.bundestag.de werden im Rahmen einer Petition Unterschriften gesammelt.

Jeannine und Elvis Exner sind gehörlos und dürfen deswegen nur den Führerschein machen, wenn sie sich fachärztlich untersuchen lassen (DK berichtete). 450 Euro kostet diese ärztliche Bescheinigung. Dabei wird geprüft, ob alle anderen Sinnesfunktionen intakt sind. Hinzu komme noch die Gebühr für einen Gebärdensprachendolmetscher. Die Jugendlichen fühlen sich deshalb benachteiligt.

Alexander Exner kann die Forderung nach dem Gutachten nicht so recht verstehen. Der gehörlose Vater der beiden Jugendlichen machte 1990 seinen Führerschein. Zu der Zeit musste er auch ein Gutachten vorgelegen, das aber "bei Weitem nicht so teuer" war. Er erwarte von der Führerscheinstelle, die das Gutachten verlangt, dass wenigstens die Dolmetscherkosten übernommen werden.

Die Petition fordert, "dass von gehörlosen Menschen ausschließlich bei einem begründeten Verdacht, dass andere Sinne beeinträchtig sind, die Einholung eines fachärztlichen Gutachtens abverlangt werden kann". Zudem, so heißt es, sei die Forderung eines Gutachtens "im Zeitalter der Inklusion nicht mehr angemessen".

Unter der Petitionsadresse werden allerdings auch kritische Stimmen laut. "Die fachärztliche Untersuchung hat ja nichts damit zu tun, die Inklusion irgendwie zu verhindern. Das ist eine Schutzmaßnahme sowohl für den Führerscheinanwärter als auch für die sonstige Allgemeinheit", kommentiert ein Nutzer. Einen Sehtest müssten alle anderen Prüflinge auch machen, schreibt er weiter. Die Notwendigkeit eines speziellen Gutachtens erkennt ein anderer Onlinenutzer: "Die Frage lässt sich darauf reduzieren, wie denn der Fahrprüfer in der halbstündigen Prüfungsfahrt feststellen soll, ob die Fähigkeiten ausreichen und die Behinderung genügend kompensiert ist." Schließlich urteile in Einzelfällen auch ein Gutachter, wenn jemand den Sehtest trotz Brille nicht bestanden habe.

Seit Ende Juni ist die Petition online auf der Internetseite des Bundestags einzusehen. 36 Menschen haben die Petition bis jetzt unterschrieben. Das Quorum ist erreicht, wenn 50 000 Unterstützer unterzeichnen. Mitmachen kann jeder bis zum 7. September.