Ingolstadt
Im Vorzimmer der Macht

Christian Lösel wird seit langem als OB-Kandidat aufgebaut – nur wenige in der CSU zweifeln an ihm

10.06.2013 | Stand 03.12.2020, 0:02 Uhr

Im Rathaus sitzt er schon: Christian Lösel amtiert seit 2010 als Referent für zentrale Verwaltungsaufgaben, kurz OB-Referent. Er ist die rechte Hand Alfred Lehmanns. Der 38-Jährige gilt als fachkompetent, fleißig und präsent. An seiner Außenwirkung müsse er aber noch feilen, raunen CSU-Parteifreunde. Der promovierte Betriebswirt, Steuerberater und Familienvater gehörte dem Stadtrat zwei Jahre an. Arch - foto: Herbert

Ingolstadt (DK) Beinahe wäre er der CSU verloren gegangen. Christian Lösel hatte als junger Student der Betriebswirtschaftslehre Anschluss an die Ingolstädter Junge Union gefunden, aber da gefiel es ihm nicht wirklich. Die Stimmung war angespannt damals.

Eitelkeiten und Rivalitäten erreichten ein solches Ausmaß, dass die Probleme nach außen drangen, was untypisch ist für die JU. Das war nicht die Welt des Christian Lösel. Jahrelang trat der 1974 geborene Ingolstädter in der CSU kaum in Erscheinung – dann jedoch, vor den Kommunalwahlen 2008, umso deutlicher. Die Ingolstädter CSU hat Lösel systematisch aufgebaut.
 
Auffällig oft durfte der noch weithin Unbekannte auf großer Bühne Veranstaltungen der CSU moderieren, etwa Mitte 2007 ein Gespräch mit den Brüdern Leopold und Heinrich Stiefel im voll besetzten Orbansaal. Spätestens an jenem Abend wurde klar: Aus dem soll noch was werden – wenn er sich bewährt.
 
Lösel, ein promovierter Betriebswirt, hatte 2005 eine Steuerkanzlei eröffnet. Zudem lehrte er an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät. Die CSU kannte ihn als stellvertretenden Kreisvorsitzenden.
 
2009 trug ihm der Kreisverband die Kandidatur für das Bundestags-Direktmandat an. Lösel aber lehnte ab, ohne in der Öffentlichkeit einen Grund zu nennen. Die Familie, heißt es, war ihm wichtiger; Lösel ist verheiratet und Vater von zwei Töchtern. Sein Privatleben schirmt er ab, so gut es geht; auch das ist ihm sehr wichtig.
 
Bald nahm seine lokale Parteikarriere rasant Fahrt auf: 2008 Einzug in den Stadtrat auf einem guten Listenplatz. Aber da blieb er nicht lang. Im Sommer 2010, mit knapp 36 Jahren, wurde er Referent für zentrale Verwaltungsaufgaben – die rechte Hand des Oberbürgermeisters.

Fast alles geht über den Tisch des OB-Referenten. Er ist unter anderem für das gesamte städtische Personal zuständig. Lösel gilt als sehr fleißig, stets präsent und immer ansprechbar. Das gilt auch für seine Tätigkeit als Integrationsbeauftragter.
 
Lösels Ehrenämterhäufung ist zuletzt sehr auffällig gewesen. ERC-Präsident, Schriftführer der Lebenshilfe, Vorstandsmitglied bei IN-City und Vizevorsitzender der Freiwilligenagentur ist er schon länger, um nur eine Auswahl zu nennen. Im Frühjahr kam noch der Vorsitz im Kreisverband des Roten Kreuzes dazu. Auf dem Feld der Kommunalpolitik darf man solches Engagement als Bekenntnis werten: Da will einer weiter hinauf. Parteifreunde, die was zu sagen haben, trauen Lösel das OB-Amt fachlich auf jeden Fall zu. Er sei die „Reserve für alle Eventualitäten“, hieß es. Jedoch: An seiner Außendarstellung müsse der mitunter hektische und unsichere Referent noch arbeiten.
 
Peter Schnell, Oberbürgermeister von 1972 bis 2002, äußerte sich gestern ausführlich über einen möglichen OB-Kandidaten Lösel: „Zunächst war er ein unbeschriebenes Blatt, aber jetzt kann ich ihn mir gut als Oberbürgermeister von Ingolstadt vorstellen. Das war nicht immer so, doch er hat sich entwickelt. Das muss man einem jungen Mann auch zugestehen. Je mehr ich ihn kennengelernt habe, um so mehr Vertrauen habe ich in ihn gefasst.
 
Das Fazit des Ehrenbürgers: „Christian Lösel hat eine gute Hand in schwierigen Situationen und ist sehr engagiert. Und er hat auch ein gutes Auftreten in der Öffentlichkeit.“