Ingolstadt
Im Schatten der Autoindustrie

Stadt, Unternehmer, Künstler und Kreativwirtschaft wollen besser zusammenarbeiten

29.09.2016 | Stand 02.12.2020, 19:14 Uhr

Visionen, Wünsche, Ziele: Wie Stadt, Wirtschaft und Kreative besser zusammenarbeiten könnten, diskutierten auch Vertreter eher klassischer Branchen wie Monika Haas von der Haas Bau GmbH. - Foto: Kleine

Ingolstadt (DK) Wie können die Stadt und die Ingolstädter Kunst- und Kreativwirtschaft in Zukunft besser kooperieren? Diese Frage diskutierten Branchenvertreter und die Industrie-Fördergesellschaft (IFG) am vergangenen Dienstag. Ideen gab es viele, jetzt geht es an die Umsetzung.

Die Bedeutung von Innovation, Schöpfertum, Kunst und Kreativität für eine Stadt ist nur schwer zu beziffern. Ein Indiz - zumindest für die wirtschaftliche Relevanz - könnte die Zahl der Menschen sein, die in einer der zwölf Branchen arbeiten, die der "Kunst- und Kreativwirtschaft" zugeschrieben werden. Sie macht deutlich, dass dieser Wirtschaftszweig in Ingolstadt durchaus bedeutsam ist. Eine aktuelle Studie, die von der IFG in Auftrag gegeben wurde, geht von rund 3000 Beschäftigten aus. Die Arbeit von Architekten, Musikern, Softwareentwicklern, Autoren, Künstlern, Designern und anderen kreativen Köpfen steht in der öffentlichen Wahrnehmung allerdings im Schatten der Automobilindustrie. Auch die Politik sehe die Bedeutung und das Potenzial dieser Branche für die Stadt - so beklagen zumindest viele Akteure - zu wenig. Das Wort von der "mangelnden Wertschätzung" macht seit einiger Zeit die Runde.

Dem ist die IFG jetzt mit einer Initiativveranstaltung begegnet. Sie lud Vertreter der Kreativ- und der klassischen Wirtschaft, Experten aus anderen Städten und Politiker zum Gedankenaustausch. Dabei sollte eine Basis für die künftige Zusammenarbeit geschaffen werden. "Wir haben diesen Bereich zuvor vielleicht tatsächlich etwas vernachlässigt", räumt IFG-Chef Norbert Forster ein.

Oberbürgermeister Christian Lösel stattete der Veranstaltung ebenfalls einen Besuch ab und verwies unter anderem auf das digitale Gründerzentrum, das im Kavalier Dallwigk entsteht und zu einer Keimzelle der Kreativwirtschaft in Ingolstadt werden soll. Freilich in erster Linie in der Softwarebranche, die nur "einen winzigen Teil" der Szene ausmacht, wie eine Zuhörerin anmerkte. Zuvor hatte Sebastian Knopp aus der Praxis berichtet. Als "Clustermanager Kultur- und Kreativwirtschaft" der Stadt Regensburg ist es seine Aufgabe, zwischen den Kreativen und der Stadtverwaltung zu vermitteln, "Brücken zu bauen", wie er sagte. An mehreren Beispielen machte er dabei deutlich, wie etwa aus der Idee einer kreativen Studentin mit Unterstützung der Stadt ein Unternehmen entstehen kann. Zum Vorteil beider. Knopp berichtete von regelmäßigen Gesprächsrunden und lebendigen Netzwerken. Im Ingolstädter Publikum reifte die Überzeugung: "So eine Stelle brauchen wir auch." Mit dieser Forderung konfrontiert, erteilte Lösel noch vom Sprecherpult aus einen "Arbeitsauftrag" an Forster, in Zusammenarbeit mit Kulturreferent Gabriel Engert eine solche Position einzuführen. "Aber bitte geben Sie uns ein halbes Jahr dafür", bat der OB.

Es sollte nicht die einzige Forderung bleiben, die an diesem Nachmittag formuliert wurde. In drei Denkfabriken erarbeiteten die rund 60 Teilnehmer Möglichkeiten einer besseren Vernetzung, entwickelten Vorschläge, wie das Image der Stadt in Richtung eines Kreativstandorts verbessert werden könnte, und wie sich die Mitglieder der Kunst- und Kreativwirtschaft ihre Stadt in fünf Jahren wünschen. Sind Diskussionen solcher Art in den vergangenen Jahren in Ingolstadt - wenn überhaupt - meist eher konfrontativ geführt worden, lobten alle Beteiligten die positive Stimmung an jenem Nachmittag im Existenzgründerzentrum. "Ich habe selten eine so konstruktive und politisch neutrale Diskussion in dieser Sache erlebt", berichtet etwa Sigrid Diewald, Geschäftsführerin der Designagentur Schnellervorlauf, die eine der drei Denkfabriken leitete.

Neben dem städtischen Ansprechpartner für die Kreativwirtschaft soll eine Datenbank die Kommunikation künftig erleichtern. Sie ermögliche zum Beispiel lokale Crowdfunding-Projekte, erklärt Alexandra Kröner von der IFG. Damit könnte unter anderem der Mangel an bezahlbaren Räumen angegangen werden, unter dem viele Kreative in Ingolstadt leiden. Die Koordinatorin bittet Interessenten, die in die Datenbank aufgenommen werden wollen, sich unter alexandra.kroener@ingolstadt.de zu melden. Geplant ist außerdem, die Workshops weiterzuführen und aus den Ideen konkrete Projekte abzuleiten. Nach dem Regensburger Vorbild ist außerdem eine regelmäßige Gesprächsrunde angedacht. "Die Veranstaltung könnte wirklich eine Initialzündung gewesen sein", freut sich Diewald.