Ingolstadt
Gepflegte Abneigung

Wie die ÖDP um ihre Einladung eines Landschaftsexperten in den Stadtrat kämpfen muss

11.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:05 Uhr

Unweit des Gewerbegebiets Weiherfeld an der B 16 gibt es eine Ausgleichsfläche. Naturschützer bemängeln, dass der Weiher von Schilf zuletzt immer wieder zugewuchert wurde. Sie und Landwirte wünschen sich einen Landschaftspflegeverband für Ingolstadt. Der könnte sich nicht nur um solche Ausgleichsflächen kümmern, sondern auch in Sachen Umweltbildung segensreich wirken. ‹ŒArch - foto: Hauser

Ingolstadt (DK) Für die CSU gibt es ein Reizwort: Landschaftspflegeverband. Naturschützer und Bauern möchten die Einrichtung für Ingolstadt. Den Christsozialen fehlen angeblich Informationen. Nun will die ÖDP den "Landschaftspflegeverband-Papst" in den Stadtrat einladen - und erlebt einige politische Manöver.

Bäche, Biotope und ökologische Ausgleichsflächen sollten gepflegt werden. Darüber besteht große Einmütigkeit. Auch in Ingolstadt. Wer das aber leisten kann, darüber ist man sich auf politischer Bühne alles andere als grün: ein eigens gegründeter Verband, wie es ihn zahlreich im Freistaat gibt? Oder doch die Stadtverwaltung, also das Umweltamt? "Naturschutz braucht keinen Pflegeverband", tönte die CSU vor einem Jahr und ließ Umweltreferent Rupert Ebner (Grüne) mit seinem Vorstoß auflaufen. Angeblich fehlten zu viele Informationen.

Das will die ÖDP ändern. Sie plant, den "Landschaftspflegeverband-Papst" Josef Göppel in den Stadtrat einzuladen, "um auf diese Weise aus berufenem Munde letzte offene Punkte zu klären". Göppel gründete 1986 den Pflegeverband Mittelfranken als ersten von inzwischen bundesweit 150 dieser Verbände. 1993 gründete er zudem den Dachverband, dessen Vorsitzender er bis heute ist. Acht Jahre lang saß der 67-Jährige aus dem Kreis Ansbach im Landtag und bis heuer 15 Jahre im Bundestag - eine Kapazität in Umweltfragen also. Und das alles als Abgeordneter der CSU!

Dennoch wanden sich seine Ingolstädter Parteifreunde in der jüngsten Stadtratssitzung bei der Abstimmung über den ÖDP-Antrag. Der Stadtrat? Sei die Vollversammlung mit ihren ohnehin schon langen Sitzungen überhaupt das richtige Gremium für Göppel? Vielleicht eher ein Fachausschuss? So überlegte Dorothea Deneke-Stoll laut, die vor einem Jahr namentlich mit zwei CSU-Kollegen die erwähnte Anti-Pflegeverband-Pressemitteilung ausgesandt hatte. Müsse es denn überhaupt der Stadtrat oder ein politisches Gremium sein? So sprangen ihr Parteifreunde zur Seite. Die ÖDP könne den Experten doch auch selbst in eine eigene Veranstaltung einladen. "Nein, es muss schon ein Stadtratsgremium sein oder von der Stadt kommen. Wir haben uns schon was dabei gedacht", sagte ÖDP-Sprecher Thomas Thöne, der die politischen Spielchen der Gegenseite natürlich bestens kennt. Bei einer reinen ÖDP-Veranstaltung wären wohl kaum ein CSU-Vertreter oder sonstige Skeptiker aufgetaucht, um sich die von den Christsozialen dringend gewünschten Informationen über Landschaftspflegeverbände von dem Experten zu holen. In einem Ausschuss wäre auch nur ein Bruchteil der Stadträte vertreten, und die Einzelkämpfer wären ohnehin außen vor.

Mit einem Kompromissvorschlag konnten sich die Ökodemokraten arrangieren: Das städtische Umweltreferat soll nun den Pflegeverbandsvertreter Göppel zu einer von der Verwaltung organisierten Veranstaltung einladen. Der offizielle Anstrich kommt also zustande. Einen Wunsch hat Thöne aber: OB Christian Lösel solle persönlich einladen, um allem ein anderes Gewicht zu verleihen.

In welchem Rahmen das nun wann stattfinden wird, und vor allem, wie viele der 50 Stadträte kommen, um sich eine eigene Meinung zu bilden - das wird nicht nur aus ÖDP-Sicht eine spannende Frage.