Ingolstadt
Georgier schielen liebevoll aufs Georgianum

27.07.2010 | Stand 03.12.2020, 3:49 Uhr
Archivfoto: Gerhard Schmidt (l.), Vorsitzender des Fördervereins Georgianum, und Friedemann Götzger vom Freundeskreis der Georgier in der Fasshalle. −Foto: Rössle

Ingolstadt (DK) Der Weg in die Problemzone des Ingolstädter Denkmalschutzes führt vorbei an einem Satz Winterreifen, in gelbes Plastik eingehüllt. Darum herum in düsteren, staubigen Räumen lagert ein buntes Allerlei, darunter die karitativen Diensten zugeeignete Büchersammlung des Lions Clubs.

Der letzte gewerbliche Nutzer dieses spätmittelalterlichen Prunkbaus – Gummi Kraus – ist schon vor zehn Jahren ausgezogen. Seither verfällt das Georgianum vis-à-vis der Hohen Schule vor sich hin. Die Renaissance steht weiter aus. Bisher sind alle Pläne für eine neue Nutzung dieser schwer vermittelbaren städtischen Immobilie – etwa im Bunde mit der Uni Eichstätt – gescheitert.
 
Doch ein Mann lässt partout nicht locker: Gerhard Schmidt. Der Vorsitzende des Fördervereins für das Georgianum engagiert sich seit Jahren für die Belebung des Prachtbaus, der auf eine Stiftung Herzog Georgs von Landshut im Jahr 1494 zurückgeht. Jetzt starten Schmidt und seine Mitstreiter einen neuen Rettungsversuch. Die Idee: Das Georgische Kammerorchester könnte im sanierten Georgianum eine neue, repräsentative Heimat erhalten; das wäre nicht nur wegen des Namens passend. In seinem Brief an Oberbürgermeister Alfred Lehmann argumentiert Schmidt: "Das seit 20 Jahren in Ingolstadt ansässige und international renommierte Orchester würde auch eine Aufwertung in räumlicher Hinsicht verdienen", zumal der aktuelle Stützpunkt des Ensembles gleich gegenüber im Kamerariat "immer beengter wird". Neben dem Proberaum und zwei kleineren Büros sei dort den Musikern aus Georgien nicht mehr viel Platz geblieben. Der Grund: das unverminderte Blühen und Gedeihen der Simon-Mayr-Gesellschaft im gleichen Haus.

Schmidt kennt weitere Argumente für den Umzug der Georgier ins Georgianum: Auf diesem Weg könnten "nicht nur großzügigere Probenräume gewonnen, sondern auch Unterrichtsmöglichkeiten sowie für Konzerte attraktive Bedingungen geschaffen werden" – freilich nicht nur für die Georgier. Kabarett, Theater, Dichterlesungen und natürlich Gastronomie in einem stimmungsvollen historischen Ambiente – das alles sei im Georgianum möglich.

Friedemann Götzger, Vorsitzender des Freundeskreises der Georgier, ist von dieser Idee begeistert. "Denn es ist ja ein Jammer, wie dieses wertvolle Gebäude vor sich hinverrottet!"

Auch er verweist auf die "sehr beengte Situation" des Orchesters im Kamerariat und betont, dass es natürlich "um keine Exklusivnutzung der Georgier" gehe, sollte das historische Anwesen eines Tages saniert werden.

Gestern träumten sich Götzger und Schmidt schon mal ein bisschen durchs Georgianum. In der ehemaligen Kapelle verharrten sie besonders lang. Mit sehnsuchtsvollem Blick. "Hier könnte einmal ein wunderbarer Konzertsaal für über 100 Zuhörer entstehen." 1823 Quadratmeter misst der gesamte Komplex – inklusive der vor 166 Jahren entstandenen Fasshalle nebenan. Schmidt verbindet damit Unvergessliches: Im Juli 2003 hat er unter dem mächtigen Gewölbe mit den jungen Mitgliedern der Theatergruppe "Display" das viel beachtete Faust-Projekt auf die Bühne gebracht. "Ich habe danach mit den Schülern die ganze Nacht in diesem großartigen Hof gesessen", erzählt er. "Die wollten gar nicht mehr weg, so begeistert waren sie vom Georgianum!"

In der Stadtverwaltung hält sich die Euphorie in Grenzen. "Wir werden diesen Vorschlag prüfen", sagte gestern Kulturreferent Gabriel Engert. Immerhin: Sollte das Projekt finanzierbar sein, "wäre es sehr reizvoll".