Ingolstadt
Geliebter Feind

Ultra-Gruppierungen des FC 04 wollen mit öffentlicher Diskussionsrunde viele Vorurteile ausräumen

23.01.2013 | Stand 03.12.2020, 0:34 Uhr

Sie fühlen sich sicher im Stadion: Beim Heimspiel gegen Sandhausen im November beteiligten sich die FC-Ultras an einer bundesweiten Aktion, die sich gegen Angstszenarien in deutschen Arenen zur Wehr setzt. - Foto: Bösl

Ingolstadt (DK) Die Fußballwelt diskutiert mehr denn je über Gewalt in den Stadien. In der Wahrnehmung wird alles mit den Ultras verbunden, den selbst erklärt treuesten Anhängern eines Vereins. Mit einer öffentlichen Diskussionsrunde wollen die Ingolstädter Gruppierungen heute Abend ein anderes Bild von sich zeichnen.

Der Titel, der für die Veranstaltung am nächsten Montag, 28. Januar, auserwählt ist, soll gleich eine lebhafte Diskussion provozieren: „Ultras – Jugendkultur im Kreuzfeuer der Medien.“ Wenn in Düsseldorf und Köln der Platz gestürmt wird, in Stuttgart eine Menschenmenge vor dem Stadion den Spielern und Trainern mit dem Tod droht und aus dem Frankfurter Fanblock die bengalischen Feuer und Leuchtraketen aufs Spielfeld geschossen werden, dann fallen wahlweise die Worte Chaoten, Hooligans und Ultras. Meist auch zusammen. Doch wie passen die Ingolstädter Jugendlichen, die sich unter dem Begriff Ultras im Fußballstadion mit Dauergesängen und Choreografien präsentieren, in dieses schiefe Bild?

Man könnte den kommenden Montag, zu dem jeder eingeladen ist, deshalb auch einen Aufklärungsabend nennen: „Wir wollen die Leute über das Phänomen Ultras informieren, die mit dem gar nichts oder nur wenig anfangen können und von dem Treiben in den Kurven ein falsches Bild haben“, sagt Florian Dexl. Der 18-Jährige ist Sprecher der Black Red Company (BRC), neben den Supporters Ingolstadt die zweite Ultra-Gruppierung beim FC Ingolstadt 04.

Während viele Vertreter ihrer Spezies in anderen Vereinen lieber nur im Fanblock wirken und auch dort möglichst unerkannt bleiben, geht die BRC den umgekehrten Weg: Sie tritt an die Öffentlichkeit und hat den Stadtjugendring (SJR) angefunkt. „Er ist der erste Ansprechpartner, wenn es um Jugendkultur geht“, erklärt Dexl. Und dass es sich bei den Ultras um eine bedeutende jugendkulturelle Erscheinung handelt, das steht für Stefan Moser, den SJR-Geschäftsführer und Jugendpfleger, außer Frage. „Das ist unser Thema“, sagt Moser. „Es ist sehr positiv, dass die sich bei uns gemeldet haben. Die Ultras rufen wirklich viele falsche Assoziationen hervor.“

Deshalb bietet der Stadtjugendring am Montag sein Jugendzentrum Fronte 79 als Schauplatz für die Diskussionsrunde, die um 19 Uhr mit einem Vortrag von Fanforscher und Buchautor Jonas Gabler („Die Ultras“) beginnt. Danach wird sich die BRC mit ihren derzeit 17 Mitgliedern im Detail vorstellen.

Dann wird intensiv über die BRC-Positionen wie „Pyrotechnik ist ein Thema, Gewalt keins“ diskutiert. Weitere Schlagworte lauten: Extrem engagiert, kritisch gegenüber Verein, Gruppe und Gesellschaft sowie eigenständig. Wie das alles in der Praxis ausgelebt wird, das soll unter anderem ein Vertreter der Ingolstädter Polizei bewerten, die laut Moser auch zu der Veranstaltung eingeladen wird. Neben der Staatsgewalt gelten die Medien als der natürliche Feind der Ultraszene. Darüber wird am Montag gesprochen werden.

Vielleicht auch mit Anhängern des ERC Ingolstadt, bei dem ebenfalls – und schon länger – eine lebhafte Ultraszene existiert. Sie sind für Montag, 19 Uhr, ebenso eingeladen.