Ingolstadt
Fluchtgedanken auf Papier

Posteraktion des Stadtjugendrings bringt deutsche Jugendliche und junge Asylbewerber zusammen

03.08.2015 | Stand 02.12.2020, 20:57 Uhr

Offener Gesprächskreis: Flüchtlinge aus Ländern wie Mali oder Afghanistan, Schüler aus Ingolstadt und Experten (in der Mitte Bettina Nehir vom Sozialamt, Sachgebiet Asyl) tauschten sich bei der Abschlussveranstaltung der Plakataktion des Stadtjugendrings aus. Das Thema heuer lautete „Flucht“ - Foto: Hauser

Ingolstadt (cmb) Weinende Kinder, völlig überfüllte, winzige Fischerboote, Menschen mit zerrissener Kleidung: Mit diesen Bildern wollen Ingolstädter Jugendliche darauf aufmerksam machen, was tausende Menschen aus Afrika auf ihrer Flucht nach Europa erleiden. Das Video und zahlreiche Bilder zum Thema präsentierten Jugendliche von verschiedenen Ingolstädter Schulen in der Fronte.

Beteiligt haben sich Gymnasien, die Tilly-Realschule, die Berufsschulen, Mittel- und Realschulen. In der Fronte kamen auch junge Flüchtlinge zu Wort.

Um sich mit dem Thema Flucht auseinanderzusetzen, hatten die Schüler unterschiedliche Motive gewählt. Es gab Plakate mit Porträts der Länder, aus denen die jungen Menschen geflohen sind. Andere Gruppen haben Videos produziert, geben Flüchtlingen darin eine Stimme. Der Stadtjugendring hatte seine jährliche Poster- und Ideenaktion heuer dem Thema Flucht gewidmet. Das sei an Aktualität gerade nicht zu übertreffen, sagte Stefan Moser, Geschäftsführer des Stadtjugendrings. Denn in Ingolstadt leben derzeit rund 100 unbegleitete junge Flüchtlinge, bis Ende des Jahres sollen noch einmal 120 kommen.

Die jungen Flüchtlinge, die sich in einer Diskussionsrunde den Fragen der anderen Jugendlichen stellten, sind größtenteils seit mehreren Monaten in Ingolstadt. Ihre Familien haben sie in ihren Heimatländern zurückgelassen, manche halten zu ihren Verwandten mit dem Handy Kontakt. Suzana Biller vom Jugendamt stellte vorsorglich klar: „Das ist die einzige Möglichkeit für die Jugendlichen, mit ihren Familien in Kontakt zu bleiben.“ Die meisten der jungen Menschen aus Ländern wie Mali, Gambia, Syrien oder Afghanistan besuchen die Berufsschule, die Flüchtlinge werden dort in eigenen Klassen unterrichtet und lernen dort Deutsch. Meist bleiben sie aber unter sich, auch auf dem Pausenhof oder in der Freizeit.

Bamba aus Mali versucht, dafür eine Erklärung zu finden. Er lebt in einer Unterkunft in Gerolfing. In der Schule hat er fast keine Freunde, denn es sei schwierig, mit Deutschen Freundschaft zu schließen. „Vielleicht haben die Leute Angst, weil wir neu sind“ Er hofft, dass es mit der Zeit besser wird. „Wir sind ja gute Menschen.“ Auch Pababou aus Gambia bestätigt: „Viele Leute sind nicht so nett.“ Das sei schade, denn Ingolstadt gefällt ihm, und er würde gerne mit seinen Freunden in der Stadt ausgehen. In Bars kommen die jungen Afrikaner aber oft nicht rein, ihnen wird der Zugang verwehrt. Aber wie sollen sie da richtig Deutsch lernen? Das fragen sich die jungen Flüchtlinge. „Wir lernen es zwar in der Schule, aber mit anderen Menschen kommen wir nicht ins Gespräch.“ Der einzige Ort, an dem sie wirklichen Kontakt zu Einheimischen haben, ist der Fußballplatz. Beide spielen beim FC Gerolfing, am Strahlen in ihren Augen ist erkennbar, wie gut ihnen das tut.

Carolin Spitzer und Lilian Braun, beide vom Katharinen-Gymnasium, haben sich auch am Projekt beteiligt. Im Kunstunterricht haben sie sich Gedanken dazu gemacht, was man in Ingolstadt für die Flüchtlinge verbessern könnte. Ihre Einstellung gegenüber den Jugendlichen aus fremden Ländern habe sich geändert, erzählt Carolin. „Es gibt so viele Vorurteile, ich nehme mich da selbst nicht aus, aber eigentlich muss man doch offen gegenüber den Flüchtlingen sein.“ Man müsse auf sie zugehen, dass sie sich hier wirklich integrieren können, meinte auch Lilian. „Wenn wir mit ihnen wirklich in Kontakt treten und mit ihnen sprechen, könnte es besser werden.“