Ingolstadt
Faschingswagen – von Profis gefertigt

Als es in Ingolstadt noch Umzüge gab, packten die Kollegen aus der Auto Union fleißig mit an

30.01.2015 | Stand 02.12.2020, 21:42 Uhr

 

Ingolstadt (DK) Zu einer echten Faschingshochburg gehört ein Umzug durch die Straßen. Davon ist Ingolstadt weit entfernt. Wenn nicht einige Ortsteile den Straßenfasching hochhalten würden, wäre er glatt ausgestorben. Als Josef Bayer noch in der Versuchsabteilung der Auto Union arbeitete, war das ganz anders.

Faschingsfans sprechen gern von einem Gaudiwurm, wenn sich Motivwagen voller kostümierter Narren durch den Ort bewegen. „Damals hat die Stadt bei den Firmen nachgefragt, ob sie mitmachen wollen“, erinnert sich der inzwischen 85-jährige Ruheständler an die Faschingssaison 1956. Die Kollegen von der Auto Union – Versuchsabteilungen Motorrad und Pkw – waren mit großem Eifer dabei und bauten diverse Spaßvehikel, fahrbare Raketen, sogar eine Art Panzer und einen Oldtimer. „Die Schreinerei hat den Aufbau gemacht, alles aus Sperrholz“, weiß Bayer noch, „das Fahrwerk war vom Geländewagen Munga, das war ein tolles Fahrzeug.“

Der langjährige Audianer hat das Bild vor Augen, dass der Faschingsumzug durch die ganze Innenstadt führte und dass später noch eine weitere Neuauflage folgte. „Da werden aber nicht mehr viele da sein, die sich erinnern können.“

Der gebürtige Sudetendeutsche kam 1951 nach Ingolstadt. „Die Auto Union hat Leute gesucht, ich bin sofort eingestellt worden.“ Als gelernter Kfz-Mechaniker hatte er auf Dauer seinen Job sicher. Bayer arbeitete 13 Jahre lang in der Versuchsabteilung, davon zeugen hunderte Schwarzweißfotos, die er bei seinen vielen Fahrten, häufig in den Alpen, geschossen hat.

„Bei der Entwicklung des DKW Munga war ich vom ersten Prototypen an dabei, den habe ich betreut bis zur Einführung in der Bundeswehr.“ Der militärische Großauftrag für den geländegängigen Wagen lief erst im Jahr 1968 aus.

In den ersten Jahren war die Auto Union noch in der Friedenskaserne und auf dem heutigen Volksfestplatz angesiedelt. „Vereinigte Hüttenwerke, so hat’s damals geheißen“, erzählt Bayer. Ein Job bei den Auto- und Motorradbauern sei auch „der Einstieg für viele Heimatvertriebene“ gewesen, die sich in Ingolstadt eine neue Existenz aufbauen mussten.

Er selbst ließ sich Mitte der fünfziger Jahre am Kraiberg in Gaimersheim nieder, wo Bayer bis heute mit seiner Frau wohnt und gern auf seine 35 Jahre beim größten Ingolstädter Unternehmen zurückblickt. Die Modelle Audi 80 und Audi 100 erlebte er noch als Aktiver. Nachdem er sich zum Techniker weitergebildet hatte, war er in der Produktion beschäftigt, mittlerweile im neuen Werk an der Ettinger Straße.

Von der Decke in Bayers Wohnung baumeln etliche selbst angefertigte Flugzeugmodelle. „Mein Hauptsport war Segelfliegen, im Fotoalbum ist nix wie Segelfliegerei.“ Dass es in Etting einen Flugplatz gibt, hat der Aero-Club auch seinem Ex-Vorsitzenden zu verdanken. „Ich hab’ dafür 13 Verträge mit Bauern abgeschlossen.“

Von größeren Aktivitäten der Audianer bei Faschingsumzügen hat man später jedoch nichts mehr gehört, zumal die Narrwalla wohl irgendwann die Lust verloren hat. Als der DK 2012 anfragte, ob man nicht mal wieder einen Umzug auf die Beine stellen könnte, nannte der damalige Präsident das Narrwalla-Jubiläumsjahr 2016 ein „hervorragendes Ziel“.