Ingolstadt
"Es gibt kein gerechtes System"

29.11.2013 | Stand 02.12.2020, 23:21 Uhr

Ingolstadt (mbl) „Das Thema ist emotional“, räumte Marcus Scherer, leitender Oberarzt der Chirurgie und Spezialist für Transplantationsmedizin an der Universitätsklinik Regensburg, bei seinem Vortrag jetzt in Ingolstadt ein. Diese Berührungsängste hätten aber nicht nur mit dem – wie er es nannte – „Organverteilungsskandal“ zu tun, in den auch die Uniklinik in Regensburg verwickelt war.

Ein Problem laut Scherer sei auch das „Tabuthema Hirntod“ und die möglichen Fehler, die bei der Feststellung des Todes vor einer Organentnahme entstehen können. Eine sichere Methode, den Hirntod festzustellen, sei mit dem Spect-Röntgenverfahren zwar bekannt, diese Technik stehe aber nicht jeder Klinik zur Verfügung. Um mehr Menschen zur Organspende zu bewegen, sprach er sich für eine „einfache Lösung“ aus. Nach seiner persönlichen Ansicht sei dafür die sogenannte Widerspruchslösung geeignet. Nach der gilt jeder Mensch als potenzieller Spender, es sei denn, er schließt diese Möglichkeit für sich kategorisch aus.

Scherer nahm auch zu den Vergaberichtlinien von Spendeorganen Stellung. „Es gibt da kein gerechtes System“, sagte er. Wer, wann ein Organ bekommt, richte sich nach der Schwere der Erkrankung, gemessen in einem Wertesystem von sechs bis 40 Punkten. Das allerdings funktioniere nur dann problemlos, wenn auf 100 Patienten auch tatsächlich 100 Organe kämen.

„Eine Organentnahme ist in Deutschland für Krankenhäuser nicht so rentabel“, berichtete Scherer außerdem. 3500 Euro erhalte eine Klinik hierzulande für einen derartigen Eingriff. In Spanien seien es 8000 Euro.

Als Scherer nach den theoretischen Überlegungen schließlich Bilder einer schwer geschädigten Leber und Aufnahmen von einer Transplantation zeigte, mussten sich einige Zuhörer im Publikum abwenden.