Ingolstadt
Eine Wohnung – acht Mietverträge

46-Jähriger soll für dasselbe Objekt gleich eine ganze Reihe von Interessenten abkassiert haben

05.10.2015 | Stand 31.01.2017, 20:47 Uhr

Ingolstadt (DK) Die ungebrochen große Nachfrage auf dem Ingolstädter Wohnungsmarkt verleitet einige Vermieter offenbar dazu, nicht nur die Grenzen der guten Sitten, sondern sogar die der Legalität zu überschreiten. Auf einen Fall, bei dem allem Anschein nach kriminelle Energie im Spiel war, hat jetzt der örtliche Mieterverein aufmerksam gemacht.

Demnach ist während der Sommermonate eine Wohnung im Bahnhofsviertel gleich mehrfach vermietet und von den potenziellen Mietern jeweils auch die Mietkaution kassiert worden, ohne dass es jemals zu einem Bezug der Wohnung kam. Inzwischen ist die Polizei eingeschaltet worden, die bislang von acht Geschädigten ausgeht.

Nach den bisherigen Ermittlungen der Kripo soll ein 46-jähriger Mann, der seinen Wohnsitz in Österreich hat, die bewusste Eigentumswohnung in einem Mehrfamilienhaus in den vergangenen Monaten wiederholt über ein Internet-Auktionsportal angeboten haben. Es meldeten sich nach und nach offenbar mehrere Interessenten, die die Wohnung auch in Anwesenheit des Anbieters besichtigten.

Wie ein Polizeisprecher gestern auf Anfrage bestätigte, ist es den Ermittlungen zufolge in mindestens acht Fällen zum Abschluss eines Mietvertrages und zur Zahlung von Kautionen gekommen – jeweils in Höhe von rund 1000 Euro. Die Geschädigten gingen demnach durchweg davon aus, die Wohnung in Kürze beziehen zu können, wurden dann aber, was das Einzugsdatum betrifft, immer wieder vertröstet.

Ein Betroffener schilderte dem DK, dass der vermeintliche Vermieter ihm im Juli bei Vertragsabschluss zugesagt habe, die Wohnung nach einer Renovierungsphase von wenigen Wochen am 1. September beziehen zu können. Als das Datum verstrich, ohne dass es zu einer Schlüsselübergabe kam, soll der Anbieter zunächst am Telefon Verzögerungen bei Handwerkerarbeiten angegeben, später immer neue Einzugstermine genannt und letztlich gar nicht mehr auf Kontaktversuche reagiert haben.

Zwei Geprellte gingen im September zunächst zum Mieterverein und dann zur Polizei, um Anzeige wegen Betrugs zu erstatten. Bei der Kripo hat man inzwischen acht Geschädigte ausfindig gemacht, die den Ermittlern grundlegend ähnliche Geschichten erzählen konnten. Dass es noch weitere Opfer des vorgeblichen Vermieters gibt, kann nicht ausgeschlossen werden.

Wie sich inzwischen herausgestellt hat, handelt es sich bei dem 46-jährigen mutmaßlichen Betrüger um ein Mitglied einer Erbengemeinschaft, der die fragliche Wohnung im Bahnhofsviertel gehört. Der Mann ist also zumindest Miteigentümer, hat aber den Ermittlungen zufolge offenbar nicht in Absprache mit den anderen Erben gehandelt. Dass er unter seinem richtigen Namen agierte und einigen Geschädigten auch Quittungen über die gezahlten Kautionen ausstellte, spricht nicht für eine besonders ausgefeilte und gegen Entdeckung gewappnete Betrugsmethode. Bei der Kripo fragt man sich ebenso wie bei den Geschädigten, wie der Mann davon ausgehen konnte, länger unbehelligt zu bleiben.

Die Ermittler werden in den nächsten Tagen allerdings Gelegenheit haben, den Beschuldigten zu seinen Motiven zu befragen: Er sitzt nämlich seit dem vergangenen Samstag in Haft – allerdings nicht wegen der Ingolstädter Wohnungsgeschichten, sondern wegen eines bereits anderweitig existierenden Haftbefehls. Den Informationen bei der hiesigen Polizei zufolge soll der Mann gegen Bewährungsauflagen aus einer früheren Verurteilung verstoßen haben. Er war nach Auswertung von automatischen Kennzeichenüberwachungen, wie sie auf der Autobahn inzwischen häufiger erfolgen, ins Visier von Fahndern geraten. Am Samstag konnte die Rosenheimer Polizei den 46-Jährigen dann stellen.