Ingolstadt
Eine Schule für die ganze Welt

Im Schatten des Terrors: Unesco würdigt Werteerziehung am Scheiner-Gymnasium

26.11.2015 | Stand 02.12.2020, 20:30 Uhr

Freundschaft und gegenseitige Hilfe künstlerisch inszeniert: die Theaterklassen des Scheiner-Gymnasiums beim Festakt - Foto: Hauser

Ingolstadt (DK) Der Kontrast trat in grellsten Farben hervor. Verstörend, tragisch – und ungeplant. Auf der einen Seite die strahlende Welt der Liberalität und der Menschenrechte. Dem gegenüber: das Grauen. Am Mittwoch feierte das Christoph-Scheiner-Gymnasium mit einem Festakt die Aufnahme in die renommierte Gemeinschaft der Unesco-Projektschulen.

Am Ende wollte Scheiner-Direktor Gerhard Maier zusammen mit zwei Schulleitern aus Boulogne bei Paris einen Partnerschaftsvertrag unterzeichnen. Doch die Franzosen Luc Migny und Dominique de Chermont konnten nicht kommen. Die Behörden raten wegen der kritischen Sicherheitslage von Reisen ab. Die Direktoren wollen die Schulen auch nicht verlassen, um ihren Schülern und Kollegen nahe zu sein, denn der Schock sitzt nach den Terroranschlägen von Paris immer noch tief.

Beide Schulleiter hatten aber Grußworte geschickt. Adelbert Schweiger las sie vor. De Chermont, Chef d’établissement des Collège Dupanloup, schildert eindringlich, wie er am Abend des 13. November gemütlich auf der Couch im Fernsehen das Freundschaftsspiel Frankreich gegen Deutschland anschaute, als die Terroristen losschlugen. „Im Stadion Freundschaft und Partnerschaft – direkt davor der menschliche Wahnsinn.“ Angesichts von „orientierungslosen jungen Menschen, denen Werte fremd sind, die sich zu Akten der Barbarei hinreißen lassen“, schreibt de Chermont, sei es um so wichtiger, sich auf die Freundschaft und die Werte der Humanität zu besinnen. Der Schulleiter schließt mit dem ermutigenden Satz: „Ich freue mich auf den Austausch!“ Man werde die Vertragsunterzeichnung bald nachholen und angemessen feiern, kündigte Maier an. Dann erhoben sich in der Turnhalle alle von ihren Plätzen, und die Scheiner-Big-Band schmetterte die Marseillaise.

Die Aufnahme in das globale Netzwerk der Unseco-Projektschulen gilt als Anerkennung der werteorientierten Bildung am Scheiner: Menschenrechte, Demokratieerziehung, Bewahrung des Weltkulturerbes, Umweltschutz – all das erfährt in der Schule am Hartmannplatz nach dem Urteil der Unesco gebührende Aufmerksamkeit. Die deutsche Kommission der Organisation hat den Antrag lang geprüft, das Bewerbungsverfahren dauerte mehrere Jahre. Das Gütesiegel der Unesco bietet unter anderem zusätzliche Fortbildungsmöglichkeiten für Lehrer und Begegnungen mit Schulen in der ganzen Welt.

Das Scheiner pflegt schon seit Langem viele Partnerschaften mit Schulen in Europa, den USA und jetzt auch in Foshan (China). „Die internationale Ausrichtung ist ein Markenzeichen unserer Schule“, sagte Maier. Er hob den „Kern des Bildungsanspruchs“ seiner Schule hervor: die gezielte Entfaltung von Begabungen, eine nachhaltige Stärkung der Persönlichkeit und eine positive Erfahrung von Gemeinschaftsgeist. Auch der Chef des Scheiner stellte dem Terror von Paris Freiheit und Freundschaft entgegen: „Unsere Werte helfen uns, an eine bessere Zukunft zu glauben!“ Umso wichtiger sei es, sie zu vermitteln.

Der Bundeskoordinator der Unesco-Projektschulen, Heinz-Jürgen Rickert, lobte in seiner Rede das „fantastische Potenzial für bildungspolitische Akzente am Scheiner-Gymnasium“. Auch er kam auf die dramatische Zuspitzung globaler Konflikte in diesen Tagen zu sprechen: „Die Welt mit ihren traditionellen Wertvorstellungen droht auseinanderzubrechen.“ Deshalb bedürfe es umso dringender einer „Friedenspädagogik“. Sein Appell: „Ermutigen wir uns gegenseitig!“ Ganz in diesem Sinn setzten die Formotion-Gruppe und die jungen Schauspieler des Gymnasiums mit einer eindrucksvollen Vorführung ein künstlerisches Zeichen.