Ingolstadt
Ein europäisches Ereignis

Podiumsdiskussion zum Abschluss der Tagung "Bayern und der Erste Weltkrieg"

24.11.2013 | Stand 02.12.2020, 23:23 Uhr

So sieht ein Hofrat aus: Christian Ortner, Direktor des Heeresgeschichtlichen Museums in Wien, bei der Podiumsdiskussion im Armeemuseum. - Foto: Strisch

Ingolstadt (DK) Dutzende von Wissenschaftlern, aber auch etliche interessierte Laien und sogar eine ganze Schulklasse haben an der Tagung „Bayern und der Erste Weltkrieg“ teilgenommen. Themen der Fachvorträge im Bayerischen Armeemuseum waren die Rolle der Wittelsbacher, Bayern als Besatzer in der Ukraine, Kriegserfahrungen bayerischer Soldaten auf dem Balkan oder die Wirtschaft im Krieg, um nur einige zu nennen.

„Der Erste Weltkrieg in der heutigen Erinnerungskultur“ stand als Überschrift über der abschließenden Podiumsdiskussion, die deutlich machte, wo die Probleme der Museumsleiter liegen und wie unterschiedlich die Ansätze sind. Prof. Günther Kronenbitter von der Universität Augsburg skizzierte kurz die verschiedenen Typen von Militärmuseen wie etwa das Bayerische Armeemuseum, Schlachtfeldmuseen zur Inszenierung von „Gewaltgeschichte“, wie es heute heißt, oder mehr technisch orientierte Ausstellungen. Kronenbitter wies auch darauf hin, dass die deutsche oder auch österreichische Sichtweise des Ersten Weltkriegs nicht auf andere europäische Staaten übertragen werden kann,

„Wir dürfen nicht die Kriegsschuldfrage in den Vordergrund stellen“, mahnte Hausherr und Gastgeber Ansgar Reiß. Man müsse den Ersten Weltkrieg als europäisches Ereignis begreifen. Allerdings sei klar, dass man in Deutschland „um den Schatten des Zweiten Weltkriegs und des Holocausts“ nicht herumkomme.

Reiß deutete auch kurz die Schwierigkeiten an, die sich bei der Konzeption von Ausstellungen ergeben können. So sei ein Gang durch einen Schützengraben wie im Ingolstädter Armeemuseum durchaus ein „emotionalisierendes Element“. Ein zuviel an Inszenierung, wie etwa Schlamm im Boden oder lautes Trommelfeuer, berge allerdings die Gefahr, das Grauen des Kriegs letztlich zu verniedlichen. Ein Problem sei auch die Technisierung des Kriegs, die 1914 begonnen habe, sagte Reiß und warnte vor bloßer Technikbegeisterung.

Die Ausstellung im Armeemuseum über den Ersten Weltkrieg, die im Grunde so bleiben soll, wie sie ist, bezeichnete er als „ein großes Werk meines Vorgängers“. Im Neuen Schloss sollen zunächst einmal Objekte gezeigt werden, wobei aber auch die Personalisierung der Ereignisse immer wichtiger sei.

Mit dem gewissen „Schmäh“ des Wieners garnierte Christian Ortner seinen Vortrag. In wenigen Jahren hat es der Direktor des bekannten Heeresgeschichtlichen Museums in Wien geschafft, die Besucherzahlen zu verdreifachen. Mit der Neugestaltung der Abteilung über den Ersten Weltkrieg mit ihren „Sanctuarien“ wie beispielsweise dem Auto, in dem der k. u. k. Thronfolger Franz Ferdinand und seine Frau erschossen wurden, wodurch der Krieg ausgelöst wurde, oder dessen blutbefleckter Uniform, wurde die Schaufläche um fast ein Drittel erweitert.

Ortner, Historiker und österreichischer Hofrat, schilderte die Spannungsfelder, die es zu meistern galt: Szene versus Inszenierung, Objekt oder Didaktik, Dauerausstellung gegen Sonderausstellung. Auch die Unverwechselbarkeit oder die Interaktivität seien Themen, mit denen sich heute jeder Museumsleiter auseinandersetzen müsse. Darüber hinaus riss auch Ortner das Problem der Perspektive an. So sei die Betrachtung des Ersten Weltkriegs in Österreich bisweilen von einer gewissen „imperialen Dimension“ geprägt gewesen, also aus der Sichtweise der alten Habsburger Doppelmonarchie.

Weiterer Teilnehmer der Podiumsdiskussion war Alexander Jordan, Leiter des Wehrgeschichtlichen Museums, das einige Zeit unter der Leitung der Bundeswehr stand.