Ingolstadt
Ein Vogelhaus für den Hauptbahnhof

Experten schlagen vor, im Kopfbau der Halle 8 einen Taubenschlag einzurichten der gehört aber der Bahn

03.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:52 Uhr

Das ehemalige Güterlager Halle 8 und der dazugehörige Kopfbau (rechts) am Hauptbahnhof stehen leer. Die Stadt möchte den Komplex gerne kaufen. Das Dachgeschoss mit den runden Fenstern könnte sich als Taubenunterkunft eignen, finden Vogelschützer. - Fotos: Hauser

Ingolstadt (DK) Das Viertel rund um den Hauptbahnhof leidet besonders unter vielen Tauben. Eine Lösung für das Problem könnte der leer stehende sogenannte Kopfbau an der Elisabethstraße sein. Der aber gehört nach wie vor der Bahn, obwohl die Stadt seit Jahren ihr Kaufinteresse bekundet.

Es ist nicht gerade ein Ehrentitel: "Ratten der Lüfte" werden Stadttauben manchmal genannt. Selbst Vorgelfreunde wie Rudolf Wittmann vom Landesbund für Vogelschutz sehen in der hohen Populationsdichte der Tiere ein "Riesenproblem". An einigen Stellen im Stadtgebiet fühlen sich die Tiere besonders wohl und verschärfen punktuell die Situation. Einer dieser Tauben-Schwerpunkte ist rund um den Hauptbahnhof entstanden. Zeitweise sitzen hier bis zu 300 Tiere auf den Drähten der Bahnanlagen, hat Wittmann beobachtet. Tauben fühlen sich immer da wohl, wo auch viele Menschen sind. Hier fällt viel fressbarer Abfall an.

Vor allem die Hinterlassenschaften der Tiere - jede der bis zu 6000 Ingolstädter Tauben produziert rund zwölf Kilogramm Kot im Jahr - macht Ärger. So berichtet Alexander Bendzko, der technische Leiter der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft, dass etwa im Prinzenviertel unweit des Hauptbahnhofs auf die Taubenschwärme reagiert werden musste. Photovoltaikanlagen mussten so ausgestattet werden, dass die Tauben darunter nicht mehr brüten können. "Unter den Anlagen ist es etwas wärmer, das verlängert die möglichen Brutzeiten", erklärt Bendzko. Normalerweise, so erläutert Vogelexperte Wittmann, brütet eine Taube bis zu sechsmal im Jahr und zieht jeweils zwei Küken groß.

Manche Bewohner des Bahnhofsviertels fühlen sich wegen der Tauben auf ihren Balkonen und Terrassen nicht mehr wohl, Sonnenkollektoren büßen wegen Verschmutzungen Leistung ein. Das Nistmaterial unter den Solaranlagen ruft auch Probleme hervor. "Teilweise wachsen darunter schon Bäumchen hervor", weiß Bendzko. Im Bezirksausschuss Münchener Straße (BZA) melden sich immer wieder Anwohner, die darum bitten, die Stadt möge sich des Themas endlich annehmen, berichtet BZA-Vorsitzender Martin Dick. Dabei gehe es nicht nur um die Verschmutzung und Schäden an Gebäuden. "Es ist auch ein hygienisches Problem", so Dick. Tauben sind erwiesenermaßen auch Krankheitsüberträger. Experten kennen über 100 Erreger, die von Tauben auf Menschen übertragen werden können. Der BZA habe die Stadt in seiner vorletzten Sitzung gebeten, sich nach einem Standort für eine Taubenunterkunft umzusehen.

Das Problem ist allgemein bekannt und nicht neu. Und dennoch ist "keiner Stadt geglückt, das zufriedenstellend zu lösen", sagt Ingolstadts Finanzbürgermeister Albert Wittmann. Vergrämungsmaßnahmen wie Netze, Metallspikes oder abschreckende Flüssigkeiten und Gelees verlagern das Problem lediglich. Wirkungsvoll sind Taubentürme oder Volieren, in denen die Tiere gefüttert werden und nisten können. Fühlen sich die Tiere in so einer Behausung wohl, verbringen sie 80 Prozent des Tages darin und gehen nicht auf Futtersuche, erklärt Wittmann. Außerdem entsteht so die Möglichkeit, Eier durch Gipsimitate zu ersetzen. So kann verhindert werden, dass sich die Taubenpopulation weiter ausdehnt oder sogar reduziert werden.

Das Bahnhofsviertel wäre ein idealer Standort für einen solchen Taubenturm. Vogelexperte Rudolf Wittmann hat jetzt einen konkreten Vorschlag: Das Dachgeschoss des mittlerweile leer stehenden sogenannten Kopfbaus an der Halle 8 böte sich als Taubenunterkunft an. Ein nach Süden gerichtetes Rundfenster könnte als idealer Einflug dienen.

Finanzbürgermeister Albert Wittmann verschließt sich diesem Vorschlag nicht grundsätzlich. "Zuallererst muss uns das Gebäude aber erst einmal gehören", betont er (siehe Kasten). Wenn es so weit sei, könne er sich eine - zumindest vorübergehende - Taubenunterkunft unter dem Dach des Kopfbaus vorstellen.