Ingolstadt
"Ein Pfeiler der Integrationspolitik"

Hakan Sirt ist nicht mehr Beauftragter für den Christlich-Islamischen Dialog Forum sucht Nachfolger

15.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:41 Uhr

Zahlreiche Vertreter christlicher und muslimischer Gemeinden empfing OB Christian Lösel (erste Reihe, Mitte) im Vorfeld des Christlich-Islamischen Dialogs im Historischen Sitzungssaal des Alten Rathauses. Mit dabei waren auch der bisherige Dialogbeauftragte Hakan Sirt und die Integrationsbeauftragte Ingrid Gumplinger (erste Reihe, 4. u. 5. v. l.). - Foto: Brandl

Ingolstadt (DK) Hakan Sirt, seit 2010 Beauftragter der Stadt für den Christlich-Islamischen Dialog, ist von seiner Funktion zurückgetreten. Das wurde am Mittwoch vor dem jüngsten Treffen des interreligiösen Forums im Historischen Sitzungssaal des Alten Rathauses bekannt.

Sirt gab auf Nachfrage private und gesundheitliche Gründe für seine Entscheidung an. Er werde aber weiterhin als Lehrer an Ingolstädter Schulen arbeiten, sagte er. Oberbürgermeister Christian Lösel dankte Sirt für sein großes Engagement um ein gutes Verhältnis zwischen den Religionen in Ingolstadt. "Es war eine Freude, mit Ihnen zusammenzuarbeiten. Sie waren ein Pfeiler der Integrationspolitik", sagte der OB.

Der Christlich-Islamische Dialog setzt sich aus Delegierten unterschiedlicher Glaubensausrichtungen des Islams und des Christentums zusammen. Ziel ist es, eine Annäherung zwischen den Religionen herzustellen. So ist es in Ingolstadt schon länger Sitte, dass Vertreter der Stadt, Gesellschaft und Kirchen zum islamischen Fastenbrechen eingeladen werden - eine Idee, die sich etabliert hat. "Der Dialog ist so wichtig wie nie zuvor", sagte Lösel. Er verwies darauf, dass die Schanz mit ihrem hohen Anteil an Migranten bundesweit unter den Großstädten weit vorne liege. Allerdings - und das sei letztlich auch dem Dialog zu verdanken - gebe es im Vergleich zu anderen Städten keine nennenswerten Konflikte zwischen den Religionen und Kulturen. Lösel appellierte deshalb daran, eine Abschottung innerhalb der Gesellschaft auch weiterhin zu vermeiden und Probleme offen anzusprechen.

Das Ausscheiden von Sirt bestimmte auch die Themen in der anschließenden Sitzung des Dialog-Forums, an dem zahlreiche Vertreter der katholischen und der evangelischen Kirche sowie der islamischen Glaubensrichtungen teilnahmen. "Für mich kam der Schritt überraschend, derzeit ist deshalb keine Lösung vorhanden", sagte Integrationsbeauftragte Ingrid Gumplinger hinsichtlich der Suche nach einem Nachfolger. Einig war man sich in der Runde, dass Sirt (er nahm an der Sitzung nicht mehr teil) eine "riesige Lücke" hinterlasse. Bald war den Anwesenden auch klar, dass man einen Nachfolger nicht vorschnell benennen wolle - auch deshalb, weil die Vermutung aufkam, Sirt könne sich zuletzt mit der Fülle seiner Aufgaben allein gefühlt haben. Seitens der christlichen Kirchen kam der Vorschlag, die Funktion des Dialogbeauftragten künftig mit einer christlich-islamischen Doppelspitze zu besetzen, um so für gegenseitige Entlastung zu sorgen. "Das wäre außerdem ein Impuls in alle Richtungen", argumentierte Pfarrer Martin Geistbeck (St. Pius). Der Vorschlag fand breite Zustimmung. Man wolle sich über die zukünftige Zusammensetzung des Gremiums, das laut Gumplinger aufgrund einiger ausgeschiedener Teilnehmer neu strukturiert werden solle - und über die Nachfolge von Sirt jedoch zuvor noch einmal in den einzelnen Gemeinden besprechen, hieß es. Eine Entscheidung wurde auf Ende Mai vertagt.

Sirt war auch einer der Leiter des Kurses, in dem seit 2016 Ehrenamtliche für den seelsorgerischen Besuchsdienst bei muslimischen Patienten am Klinikum Ingolstadt ausgebildet wurden. Unabhängig von dessen Rücktritt - das betonte Gumplinger - sei man schon seit vergangenem Jahr in Kontakt mit dem Institut für transkulturelle Verständigung (itv) in Augsburg, das dort die Muslimische Seelsorge Augsburg (Musa) ins Leben gerufen hat. Das Konzept soll nun wegen des großen Bedarfs auf Ingolstadt übertragen werden. Finanziert werde es von der Stadt und vom Goethe-Institut. Musa betreibt unter anderem muslimische Krankenhausseelsorge, Gefängnisseelsorge und Flüchtlingsseelsorge, berichtete Referentin Nuran Kaya. Das Institut sei vereinsunabhängig und offen für alle Religionszugehörigkeiten, betonte sie. Derzeit würden 37 Schüler aus ganz Bayern in Bereichen wie Psychologie, Kommunikation und Interreligiosität ausgebildet. Mit dem erworbenen Zertifikat sei ihnen auch der Zutritt zu Gefängnissen gestattet, um den seelsorgerischen Dienst zu verrichten. Man befinde sich zudem "auf Augenhöhe" mit der christlichen Seelsorge. Die muslimischen Vertreter wurden aufgerufen, sich in ihren Gemeinden umzuhören, wer sich geeignet fühle, die einjährige Ausbildung zum ehrenamtlichen Seelsorger zu absolvieren. Voraussetzungen seien demnach unter anderem ein Mindestalter von 24 Jahren sowie die Zugehörigkeit zum muslimischen Kulturkreis, aber auch der offene Umgang mit anderen Konfessionen. Eine ausführliche Infoveranstaltung zu dem Vorhaben ist für Donnerstag, 3. Mai, um 18.30 Uhr im Neuen Rathaus (Raum 502) geplant. Interessenten sind willkommen.