Ingolstadt
Ein Geschenk, das nur bedingt ankommt

05.02.2010 | Stand 03.12.2020, 4:16 Uhr

Sie haben verglichen: Jochen Weisser, Jurist des Verbraucher-Service, und Susanne Gelbmann, die Leiterin der Beratungsstelle. - Foto: sic

Ingolstadt (DK) Der Streit über die Senkung der Mehrwertsteuer auf Hotelübernachtungen von 19 auf 7 Prozent wird jetzt auch auf lokaler Ebene geführt: Keines der großen Ingolstädter Hotels habe als Folge des Steuergeschenks die Preise gesenkt, sagt der Verbraucher-Service Bayern. Die Hoteliers sind wütend.

Ein Reisender provozierte die Recherche. Im vergangenen Dezember buchte er ein Hotelzimmer für Januar – in der Erwartung, dass es dann billiger sei, schließlich hatte die FDP ja gerade die Senkung der Mehrwertsteuer auf Hotelübernachtungen von 19 auf sieben Prozent zum Jahreswechsel durchgesetzt. Doch der Mann an der Rezeption soll ganz entspannt zugegeben haben: "Bei uns wird trotzdem nichts billiger." Einigermaßen irritiert wandte sich der potenzielle Gast an den Verbraucher-Service Bayern.

Der wurde sogleich aktiv. Susanne Gelbmann, die Leiterin der Beratungsstelle an der Kupferstraße, und Jochen Weisser, der neue Jurist der Ingolstädter Verbraucherschützer, sammelten und verglichen stichprobenartig in zwölf großen Ingolstädter Hotels jeweils für Dezember und Januar die Preise von Doppelzimmern an einem Wochentag. Sie fanden die Daten in Online-Buchungssystemen oder inspizierten die Preislisten im Internet. Ihr Ergebnis: Keines der Häuser verlangt seit der Mehrwertsteuersenkung weniger für seine Zimmer; zwei Hoteliers haben die Tarife gar erhöht. Weisser: "Die Kunden profitieren nicht davon!"

 

Gelbmann und Weisser errechnen auf der Basis ihrer Studie "eine Erhöhung der Nettopreise um etwa zwölf Prozent seit 1. Januar". Eigentlich sei eines der Argumente von Gastronomie und Politik die Beseitigung preisbedingter Wettbewerbsnachteile für Hoteliers in Grenzregionen, sagen die Verbraucherschützer. "Aber dann hätten die Preise für Hotelkunden doch sinken müssen."

Sicher kämen die Steuererleichterungen wohl auch Investitionen und Gehältern zugute, "aber das lässt sich kaum überprüfen", meint Weisser. "Wir jedenfalls wünschen uns einen verbraucherfreundlicheren Umgang mit Steuergeschenken."

Die Hoteliers geraten in Wut, sobald sie auf die Erhebung des Verbraucher-Service angesprochen werden. Stefan Wild, Ingolstädter Kreisvorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbandes und sonst ein Mann der Diplomatie, ist richtig sauer. "Es ist Wahnsinn, wie Verbraucherschützer ohne Grundlage und fachliche Kenntnisse sich aus dem Internet Preise heraussuchen, die teilweise täglich variieren." Damit "haarsträubende Forderungen nach Preissenkungen zu erheben, ist einfach unverschämt!", schimpfte Wild.

Der Hotelier stellt klar: Es sei vor dieser Reform "mit keinem Satz gesagt worden, dass Preise gesenkt werden". Vielmehr diene sie dazu "die Branche zu stärken", Investitionen zu erleichtern und "die Ungleichbehandlung der deutschen Hoteliers" im EU-Vergleich zu beenden. Wild schließt mit der Feststellung: "Wir Wirte haben ein dickes Fell, aber es ist langsam kaum mehr zu ertragen, wie wir diffamiert werden."

So stark ist der Leidensdruck bei Philipp Philippson bisher noch nicht, aber der Kreisvorsitzende der FDP kann die Diskussion auch nicht mehr hören. Er sagt dann immer: "Alle Parteien bis auf die Linken hatten die Senkung der Mehrwertsteuer für Hotelübernachtungen im Parteiprogramm stehen." Parteiübergreifend erscheint auch der Imageschaden. "Den haben wir wenn dann gemeinsam mit der CSU", so Philippson. Rückgängig machen sollte man die Reform keinesfalls. "Wir brauchen etwas Verlässliches!"

Ein Ingolstädter Hotelier erläutert sehr verärgert einen Aspekt, den die Politik wohl nicht bedacht hat: "Die Spesenkosten der Firmen steigen, weil sie für Geschäftsreisen nur noch sieben statt 19 Prozent Mehrwertsteuer geltend machen können." Dafür müsse das Frühstück im Hotel jetzt eigens ausgewiesen werden, weil es weiter mit dem vollen Satz besteuert wird. Die Pauschale von 4,80 Euro falle weg. "Da hat die Politik wieder mal gar nicht mitgedacht", klagt der Wirt. Er erwartet nun vor allem eines: "Nichts als Ärger!"