Ingolstadt
Digitaler Dallwigk

Gründerzentrum soll laut OB "offener Ort für Bürger" werden Opposition fordert Gestaltungswettbewerb

29.06.2016 | Stand 02.12.2020, 19:36 Uhr

Neues Leben im Festungsbau: Im Jahr 2020, so der Plan, sollen in das Kavalier Dallwigk mit seinem markanten Wasserturm die Firmengründer aus der Digitalszene einziehen. Zuvor werden sie in einem provisorischen Gebäude arbeiten. - Foto: Hauser

Ingolstadt (DK) Ingolstadt bekommt Millionen für den Aufbau eines von acht digitalen Gründerzentren in Bayern. Nach dem Zuschlag wird schon um den Ausbau des Kavaliers Dallwigk gerungen. Die Opposition im Stadtrat fordert geschlossen, dass ein Wettbewerb ausgeschrieben wird.

Die "positive Nachricht" war noch nicht einmal ganz aus München an der Donau angelangt, da standen SPD, Grüne, Bürgergemeinschaft und ÖDP schon mit ihrem Antrag bereit: Bevor der Auftrag vergeben wird, und die Bauarbeiter im Festungsbau auf dem früheren Gießereigelände anrücken, um ihn bis 2020 für das digitale Gründerzentrum (DGZ) bereit zu machen, muss ein Realisierungswettbewerb für die Sanierung und den Neubau der Anbauten laufen. "Das DGZ wird künftig die Premium-Ansicht der Stadt nach Süden maßgeblich mitbestimmen, mit dem Neuen Schloss und dem Dallwigk als herausragenden Baudenkmälern", heißt es in dem von den vier Fraktionen unterzeichneten Antrag. "Auf keinen Fall", so die Oppositionspolitiker weiter, dürfe man "an dieser bedeutsamen Stadtansicht alternativlos planen". Es brauche "eine qualitätvolle Auswahl und einen Wettbewerb der besten Idee für Ingolstadt". Ebenso wünscht die Opposition eine Bürgerbeteiligung - für digitale Gründer, freie Nutzer und die Ingolstädter Bürgerschaft gleichermaßen.

Inwieweit sich die Rathauskoalition aus CSU und Freien Wählern darauf einlässt, bleibt abzuwarten. FW-Fraktionschef Peter Springl drückte schon aufs Tempo: Jetzt gelte es, die Sanierung und die Planung des Anbaus "zügig voranzutreiben", verkündete er.

OB Christian Lösel hatte den Zuschlag für Ingolstadt, wie gestern berichtet, als "schönen Tag für unsere Region und die Zukunft unserer Kinder" bezeichnet. Als er die Entscheidung der Jury in München am Dienstag vor der Presse bekannt gab, kündigte er auch an, dass "etliche Millionen Euro" in das Kavalier Dallwigk investiert werden. Ein Vorhaben im Nutzungskonzept für das historische Festungsgebäude sei ihm sehr wichtig: "Dass wir einen offenen Ort für die Bürger schaffen." So soll das weitläufige terrassenartige Dach des Dallwigks, das herrliche Panoramablicke auf die Stadt und die Donau ermöglicht, ebenso öffentlich zugänglich sein wie der markante Wasserturm. Der Plan, dort oben ein Restaurant zu eröffnen, werde selbstverständlich weiterverfolgt, sagte Lösel. Auch die Stadtratsfraktion seiner CSU bekräftigte gleich die Forderung nach einer Gastronomie im ehemaligen Wasserturm. "Jetzt gilt es, im Dallwigk nicht nur für das Gründerzentrum selbst die bestmöglichen Rahmenbedingungen zu schaffen, sondern das Gebäude als Wahrzeichen unserer Stadt erlebbar zu machen", sagte der stellvertretende CSU-Kreisvorsitzende Alfred Grob.

Wenn die Pläne Realität sind, sollen also Jungunternehmer aus der Digitalszene und Bürger, die nicht zum Arbeiten kommen, hier einander in lockerer Atmosphäre begegnen.

Das Kavalier Dallwigk, ein Relikt der bayerischen Landesfestung, wurde 1849 vollendet (der Wasserturm stammt aus dem 20. Jahrhundert) und ist sehr gut erhalten. Zuletzt nutzte die Gießerei Schubert & Salzer den Bau, bis sie 1995 die Produktion an diesem Standort einstellte und absiedelte. Fast alle Produktionsstätten wurden abgerissen. Seither steht das Kavalier (das im Gegensatz zu den meisten anderen Festungsbauten der Stadt gehört) funktionslos herum; ein Nutzungskonzept gab es bis zur Initiative für das digitale Gründerzentrum nicht. Baureferent Alexander Ring bezeichnet das Gebäude als "Ideallösung" für das Zukunftsprojekt. Das sehen jedoch nicht alle so. Christoph Lauer (Grüne) hatte am 3. Mai in der Aussprache des Stadtrats über das Gründerzentrum zum Beispiel angemerkt: "Ein Neubau würde schneller gehen, wäre billiger und erlaubt mehr Flexibilität." Bei einer Führung durch das Kavalier für Stadträte am selben Tag war auch deutlich geworden, dass die Renaissance des Monumentalbaus für das Digitalzeitalter überaus anspruchsvoll werden dürfte, man denke nur an das Beheizen oder die vorgeschriebenen Fluchtwege, denn daran mussten die Festungsbauer des 19. Jahrhunderts natürlich noch nicht denken.