Ingolstadt
Die Reste der Feste

Mitten in einem Wohnviertel am Unteren Grasweg zeugt ein kleiner Ziegelbau von vergangenen Zeiten

05.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:50 Uhr

Foto: Stefan Eberl

Ingolstadt (DK) Im Schatten der Wohnblocks am Unteren Grasweg unweit der Einmündung des Minucciweges duckt sich ein eingeschossiger Ziegelbau unter einige Kiefern. Er steht leer, wie ein Blick durch die staubigen Scheiben über der verschlossenen Eingangstür offenbart. Das soll sich aber ändern.

Man muss kein Experte sein, um zu sehen, dass der Bau deutlich älter ist als die hohen Häuser drum herum. Tatsächlich wurde das Gebäude von 1835 bis 1837 einst auf freiem Feld vor der Stadt errichtet. Das Kreuzblockhaus und das weiter westlich gelegene Werk Habermann an der Gabelsbergerstraße waren die ersten sogenannten Vorwerke der Festung Ingolstadt. Sie sollten als Reduite, als Rückzugsbauten, dienen, sollte ein Feind die weiter vor der Stadt gelegenen Verteidigungsanlagen genommen haben. König Ludwig I. verfügte 1842, dass der Bau nach dem bayerischen General Franz Xaver Graf von Minucci benannt wird, der in den napoleonischen Kriegen kämpfte und 1812 starb.

Das Gebäude war kreuzförmig angelegt. Dutzende Schießscharten waren nach allen Seiten gerichtet. 1867 erhielt der Bau noch einen Erdwall als zusätzliche Verteidigung. Wie die anderen Ingolstädter Festungsbauten musste auch das Werk Nr. 99 Minucci seine Kampfbereitschaft nie unter Beweis stellen. Als Ende des 19. Jahrhunderts ein weiterer Vorwerkgürtel weit außerhalb der Stadtgrenze fertiggestellt war, hatte der kleine Bau seinen militärischen Zweck eingebüßt. Das Kreuzblockhaus wurde umgebaut. Unter anderem erhielt es eine feste Bedachung mit Giebel. 1924 zog in den ehemaligen Militärbau das Wasserwirtschaftsamt ein.

Die Stadt rückte näher. Rund um den Festungsbau wuchsen die Wohnblöcke der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft in die Höhe. Ende der 1960er-Jahre musste der Bau der Expansion weichen. Teilweise zumindest. Zwei Drittel wurden abgetragen, um einem Wohnblock Platz zu machen, der 1971 fertiggestellt wurde. Übrig blieben einer der vier halbrunden Gebäudetrakte und eine Mauer, die heute noch zu sehen sind. Das Pflaster auf dem Boden und eine niedrige Betonmauer zeichnen den einstigen Gebäudeverlauf nach.

In den restlichen Bestand des einstigen Militärgebäudes zogen Spaß und Kinderlachen ein. Das Spielmobil stellte sein Material unter und lud auch immer wieder zu Aktionen ein. Auch diese Phase in der Historie des Gebäudes ging zu Ende. Das Spielmobil zog weiter, und in der kleinen Festung richteten sich die Maler der GWG ein. Sie lagerten hier Arbeitsmaterial. Auch diese Nutzung ist Geschichte. Derzeit steht das Gebäude leer, es gibt aber Pläne für eine neue Nutzung. Es soll ein Aufenthaltsraum für die Gärtner der GWG eingerichtet werden, erklärt der technische Leiter, Alexander Bendzko. Derzeit befinde man sich in Gesprächen mit dem Landesamt für Denkmalpflege. "Wir wollen das Fort so originalgetreu wie möglich herrichten", erklärt Bendzko. Dazu gehört auch, so manche Veränderungen der vergangenen Jahrzehnte wieder rückgängig zu machen. So wurden einige historische Fensteröffnungen und Schießscharten zugemauert, die wieder geöffnet werden sollen. "Wir werden sie aber mit Glasscheiben versehen", so Bendzko. An der Rückwand müssen einige Putzreste entfernt und die Mauer außerdem von Graffiti befreit werden. Ob die Arbeiten in diesem oder vielleicht erst im nächsten Jahr abgeschlossen sind, ist derzeit nicht zu sagen. Die GWG ist mit ihrem aktuellen Bauprogramm gut beschäftigt und legt die Prioritäten eher auf neue und nicht auf historische Gebäude. Vergessen ist das Fort Minucci aber nicht, auch wenn es derzeit ein bisschen so aussieht.