Ingolstadt
"Die Leute haben Hemmungen"

17.05.2010 | Stand 03.12.2020, 4:00 Uhr

Frauen unter sich: Auf dem Fest des Integrationsvereins begutachten Besucherinnen aufwendig bestickte Handtücher. - Foto: Rössle

Ingolstadt (DK) Der Integrations- und Bildungsverein hat auf dem Gelände der Moschee an der Hindenburgstraße ein viertägiges Fest gefeiert. Das Programm sollte auch deutsche Besucher ansprechen. Vorstandsmitglied Mesut Dasdemir (kleines Foto) zeigte sich über die Resonanz der deutschen Mitbürger enttäuscht. Mit ihm sprach Julia Romlewski.

Mit dem Auftritt von Kabarettist Severin Gröbner wollten Sie gezielt mehr deutsche Besucher einladen. Hatten Sie damit Erfolg?

Mesut Dasdemir: Wir haben mit mehr deutschen Besuchern gerechnet. Das mag auch am Wetter gelegen haben. Einige Leute haben ohnehin Hemmungen, zu uns zu kommen.

Warum Hemmungen?

Dasdemir: Weil sie das nicht genau kennen und nicht wissen, was sie erwartet und ob das überhaupt etwas für sie ist. Aber mit der Gesamtbesucherzahl sind wir sehr zufrieden.

Wie viele Besucher kamen?

Dasdemir: Ich schätze, dass wir über die vier Tage verteilt insgesamt 10 000 Besucher begrüßen durften. Davon ungefähr 1000 ohne türkischen Hintergrund. Bosnier oder Afrikaner waren auch da.

Manche deutschen Besucher hatten den Eindruck, das Fest richte sich gar nicht an sie. Es gab zum Beispiel nur Bücher auf Türkisch zu kaufen.

Dasdemir: Wir wissen natürlich auch, dass die Mehrheit der Besucher türkischstämmig ist, und unser Programm ist zum größten Teil auf sie zugeschnitten. Wir überlegen aber, nächstes Jahr unser Buchsortiment zu erweitern.

Anderes Beispiel: Sie hatten den Vortrag des Naturwissenschaftlers Ahmet Maranki angepriesen. Warum gab es keinen Dolmetscher?

Dasdemir: Wenn viele deutsche Besucher am Samstag da gewesen wären, dann hätten wir den Vortrag selbstverständlich auch übersetzt.

Die Frauen saßen vor allem in einem separaten Zelt, während an den Verkaufsständen draußen nur Männer standen. War das so gewollt?

Dasdemir: Das sehe ich anders: Einige Frauen saßen in einem Zelt, in dem es Stickereien gab. Die haben sich da wohlgefühlt. Es waren aber auch immer wieder Männer drin. 95 Prozent der Frauen saßen draußen.

Was wollten Sie mit dem Fest erreichen?

Dasdemir: Unsere Botschaft ist Integration. Wir wollen für unsere türkischen Mitglieder ein Fest machen, damit sie sich hier wohlfühlen und den deutschen Mitbürgern die Möglichkeit geben, uns kennenzulernen.

Wie viel haben Sie denn durch das Fest eingenommen?

Dasdemir: Ich bin nicht der Schatzmeister, da bin ich nicht informiert. Mit den Einnahmen aus den Standmieten und dem Verkauf unterstützen wir auch unser Schülerheim.

Warum haben Sie das Fest nicht zusammen mit deutschen Vereinen ausgerichtet? Im Sinne der Integration?

Dasdemir: Wir haben viele eingeladen, aber nur die Freiwilligen Agentur ist gekommen. Letztes Jahr haben wir einige Sportvereine angesprochen, aber da wollte keiner mitmachen. Wir versuchen nächstes Jahr, andere Vereine einzubeziehen. Vielleicht veranstalten wir das Fest auch an einem anderen Ort.