Ingolstadt
Die Genregrenzen verschwimmen scheinbar mühelos

The 12 Tenors begeistern im Festsaal mit Klassik-, Rock- und Popgesang

22.01.2016 | Stand 02.12.2020, 20:17 Uhr

Eine furiose Show auf hohem stimmlichen Niveau boten The 12 Tenors im Festsaal des Stadttheaters, eine Show mit Licht- und Toneffekten, humorvollen Moderationen und pfiffiger Choreografie. - Foto: Hammerl

Ingolstadt (DK) Sie sind jung, sehen gut aus, haben Sinn für Humor und vor allem können sie singen, ausgezeichnet sogar. Zwölf Solostimmen, vereint zu einem Chor - da ist Feuer dahinter, wenn die zwölf Tenöre, auf Neudeutsch "The 12 Tenors" ihr Publikum mit ihrer Show mitreißen.

Wobei der englische Name des Ensembles durchaus gerechtfertigt ist, denn sie sind "ein zusammengewürfelter Haufen", wie Johannes Halbig die muntere Truppe vorstellt, die international aufgestellt ist. Aus Österreich, Kanada, Australien, Polen, Irland, Schottland, England und auch aus Deutschland stammen die jungen Männer und deshalb erfolgt die eine oder andere Moderation in Englisch. Kein Problem für das bestens aufgelegte Publikum im gut gefüllten Festsaal des Ingolstädter Stadttheaters, das sich teilweise nicht einmal bezähmen kann, kräftig mitzusingen. Und das nicht nur beim "Lieblingstanz der Deutschen", beim Schunkeln, als es definitiv erwünscht ist. Wobei "Delilah" nun nicht gerade ein klassischer Schunkelsong ist. Es funktioniert trotzdem, und vielleicht ist das ein Teil ihres Erfolgsgeheimnisses - dass Genre-Grenzen verschwimmen. Ob Klassik, Pop oder Rock - kein Genre ist vor ihnen sicher, und die primär klassisch ausgebildeten Tenöre scheinen sich überall pudelwohl zu fühlen, wie 80er Jahre Medley, James Bond Medley und schließlich das fulminante Rock Medley beweisen. Das programmiert Standing Ovations praktischerweise vor, denn das Publikum ist aufgefordert, mitzurocken. Das tut es allerdings nur recht dezent. Was sich von den Akteuren auf der Bühne nicht sagen lässt. Da fallen die Sakkos und auch manches Hemd wird zumindest weiter geöffnet, wenn es nicht ebenfalls auf die Bühne fliegt. Wünsche, wer sich demnächst ausziehen - oder wer mehr anbehalten solle, dürften gern auf Sozialen Medien geäußert werden, verspricht Alexander Herzog, der eben noch mit seinem ansehnlichen Gewicht kokettiert hat und von den anderen am Ausziehen gehindert worden ist.

Faszinierend, wie wandlungsfähig die Sänger sind. Klassikern des Tenorfachs wie "La Donna ê mobile" oder "Nessun Dorma" drücken sie ihren eigenen unverwechselbaren Stempel auf, verteilen die Solorollen, machen Duette oder augenzwinkernde Wettstreits daraus. Den italienischen Popsongs "Volare" und "Gira Con Me" lassen sie ein feierlich-ernstes "Halleluja" folgen. Nicht nur die russische Seele schlägt für "Kalinka" - ein Paradestück, um tänzerische Begabung zu zeigen und sich ein Stück weit in russische Kosaken zu verwandeln. Überhaupt scheinen Herzog, Halbig, Johannes Beetz, Maciej Dziemianczuk, Simon Loughton, Gerard McGrath, Chris Dixon, René-Herbert Heit, Tom Sterling, Krzysztof Ciupinski-Swiatek, Michael Lynch und Patrick Maubert immer in Bewegung zu sein. So manche Choreografie wirkt leicht chaotisch - doch das Chaos hat wohl System. Mal tritt einer gegen elf an, mal unterbrechen sie sich gegenseitig, schieben sich weg oder kommentieren den Gesang eines anderen stumm mit hochgezogenen Brauen oder Gesten. Definitiv eine Show für alle Sinne, denn auch die Konzertbesucher sind immer wieder gefordert, den internationalen Akteuren zu beweisen, dass Ingolstadt, nicht München "the place to be" ist. Schließlich spielt Ingolstadt ja auch in der Ersten Bundesliga. Nichts scheint zu schwierig, ob Ausflüge in Bass oder Falsett, und "Now we are free" aus dem Film "Gladiator" geht auch a cappella - wobei der Solist mit dem Rücken zum Dirigenten steht. Edgar Wiersocki hat die musikalische Leitung inne und ist üblicherweise am Piano zu finden. Unterstützt wird er von Ryan Jones am zweiten Keyboard und Krzysztof Zurad am Schlagzeug.

Beschwingt, mitreißend und viel zu schnell vorbei verfliegt der Abend mit den 12 Tenors, die sich mit "Time to say Goodbye" verabschieden und verdiente Ovationen samt Bravorufen einheimsen.