Ingolstadt
"Dickes Fell und starke Nerven"

Chefankläger Helmut Walter verabschiedet, Stellvertreter Wolfram Herrle übernimmt

23.11.2015 | Stand 02.12.2020, 20:31 Uhr

In einem Festakt im Neuen Schloss vollzog Justizminister Winfried Bausback (Mitte) den Wechsel an der Spitze der Staatsanwaltschaft. Helmut Walter (l.) ist nach 14 Jahren als Behördenleiter in den Ruhestand gegangen, sein Stellvertreter Wolfram Herrle wurde Nachfolger - Foto: Hauser

Ingolstadt (DK) Mehr als 14 Jahre war Helmut Walter der Chef der Ingolstädter Staatsanwaltschaft und damit einer der mächtigsten Männer der Region. Justizminister Winfried Bausback verabschiedete den 65-Jährigen gestern in den Ruhestand und führte seinen Nachfolger Wolfram Herrle (60) ein.

Napoleon war noch einmal schuld. „Sich von ihm verdrängen zu lassen, ist aber kein Problem. Das ist schon wesentlich bedeutenderen Leuten passiert“, sagte eine der Hauptpersonen des Tages. Denn seinen Abschied in den Ruhestand hätte Helmut Walter bereits vor Wochen feiern können. Schließlich hat er zum September den Bürostuhl gegen das heimische Sofa getauscht. Aber die Landesausstellung zum Franzosen-Kaiser füllte bis vor wenigen Tagen den Fahnensaal des Schlosses, in dem die Ingolstädter Behörden „in guter Tradition“ ihre Amtsleiterwechsel zu feiern pflegen. Also fiel der Termin auf gestern. Umso bemerkenswerter war, dass beim Festakt gar nichts mehr an die Ausstellung erinnerte. Alles rausgeräumt. Gefüllt war der Raum trotzdem bestens. Was im Behördenleben der Region Rang und Namen hat, folgte der Einladung der Staatsanwaltschaft, um den offiziellen Wechsel von Walter auf Nachfolger Wolfram Herrle mitzuerleben. Der hat die Behörde schon mit Walters Abschied übernommen, aber eben auch bis gestern auf die Stabübergabe mit Justizminister Winfried Bausback warten müssen.

14 Jahre kämpften Walter und Herrle als Behördenleiter und dessen Stellvertreter seit 2001 schon gemeinsam gegen das Verbrechen. „Wir hatten keine einzige Auseinandersetzung“, lobte Herrle die stets „gute Zusammenarbeit“ mit dem Ingolstädter Chefankläger, dem der Abschied durchaus schwerfiel. „Ein sonderbares Gefühl“ nach 37 Jahren im Staatsdienst sei das, sagte Walter seine Gästen. 1970 sei er als Wehrpflichtiger erstmals nach Ingolstadt gekommen („Ein verschlafenes Städtchen“), doch daraus entwickelte sich eine prosperierende Großstadt mit ihren Schattenseiten, die Walter in der Staatsanwaltschaft wie kaum jemand kennenlernte. „Das ist der falsche Beruf für jemanden der ruhig und stressfrei arbeiten möchte“, blickte er zurück. Besonders die Arbeit mit den jungen Kollegen, deren „Leistungsbereitschaft ihresgleichen sucht“, begeisterte den langjährigen Chefermittler aber.

Minister Bauback würdigte Walters Zeit in Ingolstadt mit den Worten „Der richtige Mann am richtigen Ort“. Die 14 Jahre an der Spitze der Behörde seien „rekordverdächtig“ und mit „Bravour“ abgelaufen. Walter freute sich über den Ministerbesuch bei seinem Abschied. Der sei bei vergleichbaren Anlässen „beleibe nicht alltäglich“. Seinem Nachfolger Herrle, mehr als ein Jahrzehnt „seine rechte Hand“ (Bauback), wünschte Walter ein „dickes Fell und starke Nerven, die wirst du brauchen“.

Allenhalben sind die Verantwortlichen mehr als überzeugt davon, dass Wolfram Herrle den Laden schon schmeißen wird. Der neue Leitende Oberstaatsanwalt („Eine große Herausforderung, der ich mich aber stelle“) versprach auch, er werde seine „ganze Kraft dafür einsetzen“. Er hätte sicher nichts dagegen, wenn ein paar der letzten Wünsche seines Vorgängers in Erfüllung gingen: Helmut Walter erinnerte an die starke Belastung der Behörde, was mit dem Appell für mehr Personal gleichzusetzen ist. Außerdem dürfe „nicht jeder Fehler, der in der täglichen Arbeit passiert, das ganze System infrage stellen“. Das Grundvertrauen in die Staatsanwaltschaft soll den Bürgern immer erhalten bleiben.