Ingolstadt
Der Weg in die Freiheit führt einzig über die Therapie

Gericht schickt Messerstecher für zwei Jahre in den geschlossenen Drogenentzug – und baut noch eine Sicherung ein

27.02.2015 | Stand 02.12.2020, 21:36 Uhr
Symbolbild Gericht −Foto: David-Wolfgang Ebener/dpa

Ingolstadt (DK) Kein Hintertürchen, keine Chance auf Entlassung ohne positives Prognosegutachten: Der 28-jährige Messerstecher, der im vorigen Mai in einer Wohnung im Ingolstädter Nordosten seiner Lebensgefährtin in einem drogenbedingten psychotischen Schub und deshalb im Zustand der Schuldunfähigkeit die Kehle aufgeschlitzt hat, muss für mindestens zwei Jahre einen Entzug in einer geschlossenen Einrichtung absolvieren. Die Schwurkammer des Landgerichts verfügte am Freitag in ihrem Urteil zudem eine Unterbringung wegen Gemeingefährlichkeit, die für den Fall greift, dass der junge Mann die Zwangstherapie abbrechen sollte.

Er kann demnach nicht mehr untherapiert in Freiheit gelangen. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.

Wie mehrfach berichtet, hatte der massiv von der Synthetikdroge Chrystal Meth (Methamphetamin) abhängige Beschuldigte seine Freundin im Verfolgungswahn unvermittelt und hinterrücks attackiert und schwer verletzt. Für Täter und Opfer war es offenbar reines Glück, dass die Sache nicht tödlich endete. Ein psychiatrischer Gutachter hatte im Prozess klar festgestellt, dass der (weitgehend geständige) Beschuldigte unbehandelt hohe Gefahr laufe, wieder im Drogensumpf zu versinken und dann auch wieder Angstzustände und Verfolgungswahn zu entwickeln. Auf dieses Rückfallrisiko verwies Landgerichtsvizepräsident Jochen Bösl als Vorsitzender der Kammer in seiner Urteilsbegründung mehrfach.

Das Gericht, so Bösl, erkenne beim Messerstecher über die vergangenen vier Jahre eine durch den Drogenkonsum bedingte, sich beständig verdichtende psychische Störung, die quasi wie eine durchgehende, anderweitig ausgelöste Psychose erscheine. Nach höchster Rechtsprechung durch den Bundesgerichtshof (BGH) sei in einem solchen Fall eine Unterbringung wegen Gemeingefährlichkeit geboten, was Verteidiger Adam Ahmed in seinem Plädoyer zuvor ausdrücklich bezweifelt hatte. Der Rechtsanwalt hatte an der Tat seines Mandanten nichts beschönigen wollen, jedoch darauf hingewiesen, dass der Beschuldigte keinesfalls grundsätzlich psychisch krank sei. Ahmed: „Wir dürfen hier nicht unzulässige Rechtsfortschreibung betreiben.“

Dennoch erklärte sich der Verteidiger nach der gerichtlichen Begründung nach kurzer Beratung mit seinem Mandanten bereit, das Urteil zu akzeptieren. Ein Revisionsantrag hätte ja auch bedeutet, dass der junge Mann noch über längere Zeit (bis zu einer BGH-Entscheidung und eventuell sogar länger) noch keine gezielte Therapie erfahren hätte. Staatsanwalt und Nebenklagevertreterin hatten in ihren Plädoyers genau die Entscheidung gefordert, die das Gericht dann letztlich auch traf.