Ingolstadt
Der Stellvertreterkrieg

28.09.2011 | Stand 03.12.2020, 2:21 Uhr

Steigt nicht aufs Podium: Museumsleiter Ansgar Reiß. - Foto: Rössle

Ingolstadt (DK) Die Front verläuft mitten durch das Neue Schloss. Morgen schreiten die Widersacher zum Gefecht. Doch sie werden sich nicht Aug in Aug gegenübersitzen: Um 19 Uhr eröffnet Manfred Dumann, der Vorsitzende der Freunde des Armeemuseums, im Fahnensaal die Podiumsdiskussion über die Ausstellung zur Militärjustiz der Wehrmacht.

Derweil wird Ansgar Reiß, der Leiter des Museums, weit hinten Platz nehmen. Das Angebot des Fördervereins mitzudebattieren, lehnt er strikt ab. Mehr noch: Reiß hat dem Förderverein schriftlich von der Veranstaltung abgeraten. Er legt Wert auf die Feststellung, dass Dumanns Freundeskreis zu der Diskussion lädt, mitnichten das Bayerische Armeemuseum.

Die Auseinandersetzung um die Wanderausstellung zur Militärjustiz, die bis Mitte September im Keller des Zeughauses zu sehen war, werten Kenner als eine Art Stellvertreterkrieg zwischen Reiß und dem Förderverein, der den 46-jährigen Historiker verhindern und einen eigenen Kandidaten zum Museumsdirektor befördern lassen wollte. Im Gespräch mit dem DK beschränkte sich Dumann auf Kritik an der Ausstellung, die mit Biografien von Tätern und Opfern die These untermauert, dass die Kriegsgerichte – auch – ein Terrorinstrument der NS-Führung gewesen sind, um die Truppe mit Angst und Schrecken von Fahnenflucht und Kritik an Hitlers Kriegsführung abzuhalten. Dumann findet die Schau „vollkommen einseitig, diffamierend und voreingenommen“.

„Wir bedauern es, dass weder ein Vertreter der Ausstellungsmacher an der Diskussion teilnimmt, noch Herr Reiß“, sagte Dumann gestern. Dafür kommt der Experte Jürgen Zarusky vom Institut für Zeitgeschichte München. Gegen ihn treten an: der Oberst a. D. Klaus Ulrich Hammel, Klaus Kastner, ehemaliger Präsident des Nürnberger Landgerichts, sowie der Oberst a. D. Rainer Thesen. Es moderiert der General a. D. Edgar Trost.

Der Museumsleiter bedauert, dass sein Vorschlag, einen neutralen Moderator zu benennen, vom Freundeskreis abgelehnt wurde. „Das finde ich unprofessionell, denn Desertion ist ein heikler Grenzbereich. Daher wäre es besser, jemanden zu wählen, der mit dem Militär nichts zu tun hat. Ein General a. D. ist da ungeeignet.“ Reiß meint das nicht persönlich. „Ich unterstelle Herrn Trost nur gute Absichten. Aber ein unparteiischer Moderator, etwa aus dem Journalismus, wäre eben viel besser.“

Der Hausherr des Schlosses, Bayerns Wissenschaftsministerium, verfolgt den Fall; der Minister ist im Bilde. „Wir haben keinerlei Zweifel daran, dass die Ausstellung sauber recherchiert und absolut seriös ist“, betont die Sprecherin Christa Malessa. Sie findet: „Wenn man schon unbedingt darüber diskutieren muss, dann bitte ausgewogen!“