Ingolstadt
Der Reiz der dicken Mauern

Symposion im Armeemuseum: Kann die Festungsgeschichte die Tourismusentwicklung befruchten?

17.06.2013 | Stand 03.12.2020, 0:01 Uhr

Mustergültiger Militärbau: Das Reduit Tilly als bestens erhaltenes Überbleibsel der Landesfestung ist unbestritten der Dreh- und Angelpunkt einer stärkeren touristischen Erschließung der Befestigungsanlagen. Experten empfehlen eine stärkere Darstellung der Festungsmerkmale im Internet - Fotos: Hauser, Strisch

Ingolstadt (DK) Dass jemals japanische Touristengruppen durch Ingolstadts Altstadt wuseln wie durch Schloss Neuschwanstein, ist stark zu bezweifeln. Dass aus der langen Festungsgeschichte der Stadt aber mehr touristisches Kapital zu schlagen wäre, ist denkbar. Ein Symposion im Armeemuseum geht dem Thema nach.

Stadt des reinen Bieres und der Frankenstein-Geschichte, der Illuminaten und natürlich einer gewissen Automarke – doch trotz dieser ganzen Reihe von Alleinstellungsmerkmalen hält sich Ingolstadts Entwicklung als Tourismusziel in gewissen Grenzen. Dabei wäre mit der Festungsgeschichte, die noch überall im Stadtbild präsent ist, sogar noch ein weiteres Eisen im Feuer. Man müsste es nur schmieden . . .

Das Armeemuseum hat jetzt in Zusammenarbeit mit der Technischen Hochschule eine Handvoll Experten zu einem Gedankenaustausch über dieses Thema eingeladen: „Das Marketing einer Festungsstadt“ lautet das Motto auch noch heute, am zweiten Tag dieses Symposions, im Fahnensaal des Neuen Schlosses, wenn ab 13.30 Uhr Workshops laufen und ab 16 Uhr dann eine abschließende Podiumsdiskussion vorgesehen ist, zu der Gäste willkommen sind.

Am Vormittag geht es für die angemeldeten Teilnehmer noch in einer Busexkursion zu einigen markanten Überbleibseln der Festungszeit – unter anderem zum Fort Prinz Karl bei Katharinenberg, dessen Öffnung für Besucher ein zentrales Anliegen für die Planer eines regelrechten Festungstourismus sein müsste.

Das Thema ist allerdings auch heikel: Gerade in Deutschland, das durch zwei verschuldete Weltkriege noch auf lange Sicht eine schwierige Hypothek mit sich trägt, tut man sich erfahrungsgemäß schwerer mit der lockeren, für breite Massen attraktiven Aufbereitung der Militärgeschichte. So nicht nur die Erfahrung von Christopher Reuter vom Tourismuslehrstuhl der Uni Eichstätt-Ingolstadt, der gestern zum Auftakt des Infoforums daran erinnerte, dass die meisten anderen Nationen eine eher ungebrochene militärische Tradition pflegen. Gerade in den USA sei der Schlachtfeldtourismus (in Zusammenhang mit dem Unabhängigkeits- und dem Bürgerkrieg) eine völlig unverfängliche Sache.

Aber man ist nun mal in Deutschland. Und da will das Thema sicher behutsamer angefasst werden. Immerhin: Dass Ingolstadt mit seinen vielen dicken Mauern aus Festungstagen durchaus wuchern könnte, ist unbestritten. Schon 2009 hatten Eichstätter Studenten hierzu eine Untersuchung angestellt, aus der Christopher Reuter gestern viel zitierte. Im Resümee kamen die jungen Leute seinerzeit zu der Feststellung, dass eine zentrale Ausstellung zum Thema der Ausgangspunkt eines (vom Freundesverein der Landesfestung ja bereits verwirklichten) Rundgangs sein müsste. Allerdings gehörten zu einem solchen Konzept auch einheitliche Beschilderungen an den entsprechenden Gebäuden, durchdachte Handreichungen in Form von populär aufgemachten Broschüren – und nicht zuletzt eine ansprechende Aufbereitung des Themas im Internet. Dies wäre ohnehin der einfachste und wirksamste Ansatzpunkt, einschlägig Interessierte anzulocken, so Reuter.

Dass Ingolstadt mit seiner Festungsgeschichte zwar in Bayern recht wichtig dasteht, im Rahmen der so kriegerischen europäischen Vergangenheit aber durchaus große Konkurrenz bei diesem Thema hat, macht ein anderer Aspekt der Untersuchung von 2009 deutlich: Gut 40 Städte in 18 Ländern können ebenfalls größere Festungen vorweisen und haben teils längst Kapital daraus geschlagen. Freilich lässt sich dieser Umstand auch als Ansporn verstehen: Was andere geschafft haben, muss in Ingolstadt nicht unmöglich sein.

Bürgermeister Albert Wittmann hatte zur Eröffnung des Symposions ein Grußwort gesprochen; Beatrix Schönewald, Leiterin des Stadtmuseums, anschließend einen geschichtlichen Überblick gegeben.