Ingolstadt
Der Harmoniemeister

Musikschulleiter Franz Zäch geht in den Ruhestand – aber leise wird es um ihn ganz sicher nicht

27.08.2015 | Stand 02.12.2020, 20:52 Uhr

Signal zum Rückzug: Franz Zäch hat 40 Jahre lang in der städtischen Simon-Mayr-Sing- und Musikschule alle Blechblasinstrumente unterrichtet. Als Leiter einiger Ensembles wird er weitermusizieren. - Foto: Hauser

Ingolstadt (DK) Der Kritiker des DK begegnete der Raumakustik überaus sensibel. Oder aber volltönende protestantische Kirchenmusik war ihm grundsätzlich unheimlich.

Jedenfalls schrieb er nach einem Konzert in St. Paulus mit Werken des Heinrich Schütz: „Trotz technischer Beherrschung seines Instruments ließ sich der überdeckende Trompetenton von Franz Zäch nicht vollständig in das konzertierende Spiel von Chor und Streichern eingliedern.“ Aber vielleicht, fügte der Rezensent an, „wirkten auch die akustischen Tücken des Raumes zu schwergewichtig“. Das war im Oktober 1972. Zäch erinnert sich an diesen Abend. Das kantige Gotteshaus konnte nichts dafür, erzählt er. Alle Klänge schwangen darin mit voller Absicht. „Unsere Dirigentin, die Lisa Schweitzer, hat gesagt, dass ich laut trompeten soll!“ Das tat er. Virtuos. Voller Begeisterung. So wie immer.

Er ist einer der bekanntesten Musiker der Stadt. 40 Jahre lang hat Zäch an der städtischen Sing- und Musikschule unterrichtet, zuletzt war er der Chef im Turm Baur. Jetzt geht er in Pension. Das Prozedere ist dem 65-Jährigen bestens vertraut. Da es bei der Stadt ein schöner Brauch ist, Kollegen mit einer kleinen kammermusikalisch gestalteten Feierstunde in den Ruhestand zu verabschieden, kamen Zäch und seine Posaune oft zum Einsatz. Er hat jeden der Auftritte genossen, sagt er, weil sich die Geehrten immer so über die künstlerische Aufmerksamkeit gefreut haben. „Musik gehört einfach dazu!“

Zäch ist, was man im besten Sinne unter einem Urbayern versteht: temperamentvoll, aber nicht krachert. Gemütlich, aber alles andere als fad. Und fest in seiner Heimat verwurzelt. Sein Elternhaus steht Am Bachl. Sein Onkel Alois gründete nach dem Krieg das Musikhaus Zäch Am Stein; ein Traditionsgeschäft, was man auch daran erkenne, erzählt der Neffe, dass die heutigen Inhaber, Gerold und Gisela Matschi, immer wieder als „Herr und Frau Zäch“ angesprochen werden.

An der Oberrealschule lernte Zäch Geige bei Günter Weiß, einem bekannten Musiklehrer. Doch die Harmonie ließ auf sich warten. Das Streichinstrument lag Zäch gar nicht. „Mei, des war eine Qual!“, erinnert er sich. „Nach zwei Jahren habe ich mir zu Weihnachten gewünscht, mit dem Geigenunterricht aufhören zu dürfen.“ Der Bub wurde erhört (die Eltern werden schon gewusst haben warum), und die Dissonanzen nahmen ein Ende. „Vier Wochen später habe ich dann mit Trompete angefangen.“

Da ging es los. Und wie. Blech – da spielt bei ihm die Musik. „Ich hab’ noch keinen Führerschein gehabt, da hab’ ich schon in einem Ensemble musiziert.“ Dixie-Jazz. Den mag er sehr. So wie Modern Jazz, Swing, Volksmusik, historische Blasmusik und Klassik. „Ich spiele alles. Ich bin ja schließlich Musiker. Und an der Musik interessiert mich auch alles.“

Eine Erscheinungsform musikalischen Schaffens hat Zäch sich aber immer erspart – und darauf ist er sehr stolz: Tanzmusiker auf Hochzeiten zu sein. Obwohl man damit ordentlich Geld verdienen kann. „Ich habe nie was spielen müssen, was mir nicht gefallen hat“, erzählt Zäch. „Gott sei Dank!“ So spricht einer, der als junger Mensch einer tendenziell prekären Existenz entgegenstrebte: Er wollte Musiker werden. „Nix da! Was Gscheits werd glernt“, rief ihm der Vater nach der Schulzeit zu; ein Satz, der in keiner Vita eines Künstlers fehlen darf (und in den meisten auch nicht fehlen wird). Also absolvierte Zäch eine Ausbildung zum Elektromaschinenbauer. „Aber des mit dem Strom ist mir immer recht fremd geblieben.“ Gleich nach seiner Lehre studierte er an der Münchner Hochschule für Musik Posaune. Als Musiklehrer hat er dann alles unterrichtet, was die Gattung des Blechs hergibt. Außerdem spielt er gern Banjo und Quetschn.

Stolz ist er auf seine Big Band, die er um 1980 gegründet hat. Generationen junger Musiker swingten mit. „Da haben wir etliche gute Leute rausgebracht.“ Es freut ihn natürlich auch, dass die städtische Musikschule einen exzellenten Ruf genießt und einmal eine Rekordschülerzahl melden kann.

Wie vielen Ensembles er über die Jahrzehnte schon angehört hat, vermag Zäch unmöglich zu sagen. Etliche. „Duos zähle ich gar nicht mit.“ Mit der Band Hokum & Hilarity spielt er Jazz der 1920er Jahre. Als Konzertmeister der Zandter Blasmusik und des Bläserensembles Kleine Harmonie pflegt er Perlen historischer Musik. Die Partituren spürt Zäch oft in Archiven auf und arrangiert alles neu; handschriftlich, Note für Note.

Leise droht es um den Pensionär Zäch nicht zu werden. Man wird noch einiges von ihm hören. „Ich will rausgehen und die Leute zusammenbringen. Es gibt immer einen Grund, sich zu treffen und zu musizieren. Hauptsache, es geht was zam!“ Blechmusik eigne sich dazu am besten, denn die sei volksnäher und unkomplizierter. „Da muss nichts perfekt sein.“ Bei Streichern sei das etwas schwieriger. „Da braucht ma a Krawattl, damit geht’s scho los!“ Also ein Argument mehr für das Blech.