Ingolstadt
Das erste Halbjahr ist geschafft

Schüler erhielten die Zwischenzeugnisse Rektorin Marion Chmielewski: "Kein Grund zur Nervosität"

17.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:38 Uhr

Kein Anlass für Dramen: Siebtklässler der Tilly-Realschule am Freitag mit ihren Zwischenzeugnissen. Links Rektorin Marion Chmielewski, neben ihr die Klassenleiterin Ulrike Dicke. Ihr Rat: "Eltern sollen ihr Kind auch loben, wenn die Noten gleich geblieben sind." - Foto: Hauser

Ingolstadt (DK) Am Freitag haben die bayerischen Schüler wieder ihr Zwischenzeugnis erhalten. Grund zur Aufregung soll der Notenzwischenbericht allerdings nicht sein, sagt Marion Chmielewski, die Rektorin der Privaten Tilly-Realschule. Sie berichtet über ihre Erfahrungen mit den Zeugnissen.

Vor allem für die Kinder der 5. Klassen war am Freitag ein besonderer Tag. Sie haben ihr erstes Zeugnis an der weiterführenden Schule erhalten. "Sie waren deshalb auch sehr nervös", sagt Marion Chmielewski, die Rektorin der Tilly-Realschule. Auch die Älteren seien nervös, doch die meisten überspielten das ein bisschen: "Die wollen immer cool wirken, aber man merkt auch ihnen die Nervosität an", so Chmielewski.

Jule besucht die 7. Klasse der Tilly-Realschule und war auch sehr aufgeregt: "Ich dachte, ich hab' mich verschlechtert, aber jetzt war ich sogar ein bisschen besser als im Jahr davor", erzählt sie. Die 13-jährige Evelyn Funkner musste gar nicht aufgeregt sein. Sie freut sich über ein Zeugnis mit Einserschnitt. Ihre Eltern seien die guten Noten schon gewöhnt. "Sie loben mich aber trotzdem."

Das Zwischenzeugnis ist, wie der Name schon sagt, ein Zwischenbericht über die aktuellen Noten. Eine Klasse zurückgestuft werden kann man also zum Halbjahr nicht. Trotzdem nehmen viele Schüler und Eltern das Notenbild sehr ernst. "Noten nehmen in unserer Gesellschaft einen hohen Stellenwert ein, und die Kinder wie auch die Eltern messen sich daran. Oft sind aber die Worturteile und Gespräche aussagekräftiger. Die Noten sagen nur etwas über den aktuellen Status aus. Dabei ist das kein Beleg für die Leistungsbereitschaft der Schüler", erläutert Chmielewski. Es sei vor allem wichtig, die Entwicklung jedes Einzelnen zu berücksichtigen und auch zu würdigen. "Eltern sollen ihr Kind auch loben, wenn die Noten gleich geblieben sind", rät Chmielewski.

Maximiliana Kahl erzählt, dass sie am Zeugnistag immer eine kleine Überraschung von ihren Eltern und sogar von Oma und Opa bekomme. Und auch die Siebtklässlerin Jule wird von ihren Eltern bei kleinen Verbesserungen gelobt, "und wenn mal eine schlechte Note dabei ist, finden das meine Eltern meistens auch nicht so schlimm".

Die Jüngsten an der Realschule haben den ersten Notennachweis nach dem Übertritt erhalten. Damit zeigt sich jetzt langsam, ob die Wahl auf die richtige Schulart gefallen ist. Marion Chmielewski hat viele Erfahrungen mit dem Übertritt gesammelt: "Auch hier wird viel zu sehr auf die Noten geachtet. Bei den ausführlichen Worturteilen stehen nämlich oft zwischen den Zeilen Hinweise darauf, welche die richtige Schulart ist. Auch wenn der Durchschnitt passt, ist nicht gleich jeder für ein Gymnasium geeignet, weil auch der Reifegrad und die Selbstständigkeit eine Rolle spielen." Auch an der Realschule stünden alle Wege offen. Das Abitur kann von hier aus über die FOS 13 erreicht werden. Die weiterführende Schule ist also nicht gleich wegweisend für eine bessere oder schlechtere Ausbildung des Kindes.

Marion Chmielewski hat auch schon oft die Erfahrung gemacht, wie ehemalige Gymnasiasten regelrecht "aufblühten", als sie auf die Realschule wechselten. "Die Frustration verfliegt, wenn der Betroffene merkt, dass er mehr Zeit hat - und im Nachhinein mehr Erfolg." Wenn ein Zeugnis nicht so gut wie erwartet ausfällt, rät die Leiterin der Tilly-Realschule den Eltern, auch "kleine Erfolge zu würdigen". Zur Verbesserung sollte man keine utopischen Fortschritte verlangen, sondern lieber "kleine, schnell erreichbare Ziele stecken und selbst ein Vorbild zur Verwirklichung der Ziele sein".

Erstes Gebot sei es, die Stärken hervorzuheben, denn Lob motiviere. "Nach zwei oder drei Tagen kann man immer noch darüber sprechen, was man verbessern muss", sagt Chmielewski. Die Schulleiterin ist auch darum bemüht, den Kindern und Jugendlichen im Schulalltag zu ermöglichen, ihre Stärken zu zeigen. Wahlkurse und organisatorische Aufgaben bieten den schlechteren Schülern die Möglichkeit, ihr handwerkliches Geschick zu zeigen. "Es kann ja nicht jeder ein Einserschüler sein", sagt die Rektorin.

Besonders freut sie sich, wenn die Tutoren, Schüler der neunten Klassen, den Jüngeren bei der Zeugnisvergabe zur Seite stehen. "Es ist für die Schüler leichter, mit Mitschülern zu reden als mit den Lehrern." Außerdem helfen sich die Kinder gegenseitig. "Ich habe auch schon von Schülern gehört, dass sie sich um einen Freund Sorgen machen, dass er die Schule nicht schafft."

Abschließend betont Marion Chmielewski: "Jedes Kind hat ein schlummerndes Potenzial, egal wie die Noten derzeit aussehen. Unser Job ist es, dieses zu finden und zu fördern."