Ingolstadt
Das elektrisierende Derby

Duelle zwischen MTV und ESV waren immer hitzig – heute gibt es eine Neuauflage

27.03.2015 | Stand 02.12.2020, 21:29 Uhr

Ein rauschendes Fest in der MTV-Gaststätte folgte dem Sieg der Lila-Weißen im 60. Derby gegen den Erzrivalen ESV am 15. April 1978. Nach zehn erfolglosen Duellen in Serie (sechs Unentschieden und vier Niederlagen) ab 1966 wieder der erste Erfolg für den MTV, der kurz darauf im Zweitliga-Aufstieg mündete - Foto: Braun

Ingolstadt (DK) Heute am Samstag ist es tatsächlich wieder so weit: Der Stadtverein MTV trifft auf den Arbeiterverein aus Ringsee, den ESV. Weil die MTV-Fußballer 110 Jahre alt werden, wird das früher elektrisierende Ingolstädter Derby neu aufgelegt. Einst bewegte es Massen – wie auch Erwin Braun.

Seit der FC Ingolstadt 04 vor elf Jahren aus den beiden Fußballabteilungen von MTV und ESV hervorgegangen ist, sind Derbys zwischen den beiden großen Rivalen natürlich Mangelware. Ab 16.15 Uhr laufen am heutigen Samstag einstige Helden der Lila-Weißen und der Eisenbahner im MTV-Stadion an der Jahnstraße auf und lassen die alten Zeiten ein bisschen aufleben. Als die Stadt gespalten war in zwei Lager und Farben. „Das waren Massenbewegungen“, erinnert sich Erwin Braun gut an diese Tage, als sich die Fußballfans zweimal pro Saison abwechselnd zum Hauptbahnhof oder zur Friedhofstraße beziehungsweise Jahnstraße (wo der MTV früher residierte) aufmachten. MTV gegen ESV, „das war immer kurz vor der Schlägerei“, sagt Braun.

Er war glühender MTVler, der Verein, in den er 1953 eintrat. „Ich hatte alle Funktionen, alles, was es gibt“, mal abgesehen von Präsident und Trainer der ersten Mannschaft. Sogar Stadionsprecher war der gebürtige Schanzer (also innerhalb der früheren Stadtmauern geboren). Er hat die Duelle in den 1960er und 1970er Jahren miterlebt. Als der erfolgreichere ESV, der Eisenbahner- und Arbeiterverein, den Stadtverein dominierte. Zehn Duelle in Folge konnten die Lila-Weißen nicht gewinnen. Bis zum Frühjahr 1978 – 3:1 hieß es für den MTV vor 6000 Leuten im eigenen Stadion, der Weg in die zweite Liga war geebnet. Doch auch der ESV sollte bald dort landen.

Die Stadt war schon immer geteilt: Südlich der Donau „fast alles Feindesland“, sagt Braun. Dort liegt Ringsee. Nördlich des Flusses war der MTV „mit vielen intelligenten Leuten“, die Ingolstädter Geschäftswelt wie Farben Eckert, Bäcker Erhardt oder Metzger Meixner bildeten einst das Fundament.

Wie Braun dem DK erzählt, waren bereits Mitte der 1960er Überlegungen am Laufen, ob sich eine Fusion hinbekommen ließe. „Von MTV-Seite war alles klar“, erinnert er sich an Gespräche mit seinem Vater, der ein entscheidendes Treffen im Café Kürzinger besucht hatte. Doch beim ESV seien damals die Gräben wieder aufgebrochen. „Das war eine Welt für sich“, sagt der frühere MTV-Funktionär.

Erst im neuen Jahrtausend, als der ESV pleite war und der MTV fußballerisch nur noch herumdümpelte, kam die Fusion zum FC 04. Schon lange vorher war Erwin Braun ausgestiegen. Er kann mit „dem Retortenverein“ auch heute noch nichts anfangen, was aber auf persönlicher Ebene anzusiedeln ist. Er war noch nie dort. Auch dem Jubiläumsderbykick am heutigen Samstag in seinem MTV bleibt er fern. Seine Zeit als Lila-Weißer setzt er nur in den Erinnerungen fort.