Ingolstadt
Das Urteil ist ihm zu hart

Wegen Mordversuchs verurteilter Messerstecher aus Chinalokal legt Revision ein – und muss Schmerzensgeld zahlen

19.12.2014 | Stand 02.12.2020, 21:50 Uhr

Ingolstadt (DK) Sie hatten es am Montag bereits nach der Urteilsverkündung im Ingolstädter Landgericht angekündigt, nun ist es tatsächlich so gekommen: Der 48-jährige Sattler aus Ingolstadt, der am Montag wegen versuchten Mordes an seiner Ehefrau vom Landgericht verurteilt worden war, legte mit seinem Anwalt Revision ein. Das Urteil der Großen Strafkammer unter Vorsitz des Landgerichtsvizepräsidenten Jochen Bösl wird vom Bundesgerichtshof in Karlsruhe auf mögliche Rechtsfehler überprüft.

Siebeneinhalb Jahre Haft verhängte Bösl dafür, dass der 48-jährige Ingolstädter vor fast auf den Tag genau einem Jahr mit einem Messer in das voll besetzte China-Restaurant an der Friedrichshofener Straße in Ingolstadt marschierte und dreimal auf seine Frau einstach, die sich scheiden lassen wollte.

Nach Überzeugung des Gerichts tat er dies heimtückisch von hinten und ohne Vorwarnung, als die 42-Jährige mit ihren Kollegen und Kolleginnen aus einem Schuhgeschäft bei der Weihnachtsfeier zusammensaß. Die Messerstiche trafen die Frau in Rücken und Beine. Sie überlebte schwer verletzt und wird zeitlebens von dem Übergriff gezeichnet sein. Wie ein Gutachter in dem Strafprozess sagte, wird sie auf eine Beinschiene angewiesen sein. Von den psychischen Folgen gar nicht zu sprechen. Die inzwischen geschiedene Mutter der drei gemeinsamen Kinder sagte in dem Prozess nur per Videoschaltung aus einem anderen Sitzungssaal aus, um ihrem Peiniger nicht mehr gegenübertreten zur müssen. In jener schicksalhaften Nacht vor dem Chinalokal hatte sie ihrem Mann nach mehr als 20 Jahren wohl sehr schwieriger Ehe den Laufpass gegeben.

Doch mit dem Urteil ist der Angeklagte „nicht einverstanden. Es ist ihm zu hart“, erklärte sein Verteidiger Reinhard Kotz am Freitag auf DK-Anfrage. „Ich habe inzwischen Revision eingelegt.“ Das habe Kotz seinem Mandanten empfohlen, aber der sei von sich aus zu der Entscheidung gekommen, das Urteil nicht zu akzeptieren. „Ich habe im Plädoyer ja schon darauf hingewiesen, dass wir eher eine gefährliche Körperverletzung oder allenfalls eine versuchte Tötung als erfüllt sehen“, sagte Kotz. Und eben keinen Mordversuch. „Ziel der Revision wird es sein, das zu korrigieren.“

Dagegen kann die Ingolstädter Staatsanwaltschaft offenbar gut mit dem Urteil des Landgerichts leben. Ankläger Jürgen Staudt hatte zehn Jahre Haft gefordert und wurde von der Strafkammer somit unterboten, aber das Gericht folgte bei der Einordnung der Tat als versuchten Mord seinem Antrag.

Auch die Nebenklagevertreter waren zufrieden. Sie vertraten sowohl die Ehefrau als auch deren Chef, der im Asia-Restaurant als Erster dem Angreifer entgegentrat und von ihm in den Unterschenkel gestochen wurde. Bösl sprach ihm dafür 5000 Euro Schmerzensgeld zu, wie von seiner Anwältin Paula Schauer beantragt.

20 000 Euro soll der Verurteilte außerdem an seine Ex-Frau für die Folgen der Tat zahlen. Dazu wurde der Sattler im Laufe der Woche in einem Zivilprozess am Landgericht verurteilt. Das Urteil ist aber auch noch nicht rechtskräftig. Und zudem ist es offen, ob der 48-Jährige die Summe abstottern kann. Ihn drücken weit über 50 000 Euro Schulden aus einem langwierigen Rechtsstreit mit dem früheren Arbeitgeber. Doch wie er in dem Prozess sagte, springe eventuell sein Bruder beim Schmerzensgeld ein.