Ingolstadt
"Das Paradies der Hausfrau"

26.08.2014 | Stand 02.12.2020, 22:18 Uhr

Ingolstadt (sic) Tante Emma starb langsam. Die Ära der kleinen, inhabergeführten Lebensmittelgeschäfte ging vor vier Jahrzehnten zu Ende. Ganz wenige gibt es noch (meist auf dem Land). Den letzten Tante-Emma-Laden der Altstadt führte Annemarie Heinrich in der Josef-Ponschab-Straße; er ist nun auch Geschichte. Der Strukturwandel war stärker.

„SB“ (für Selbstbedienung) lautete in den 1960er Jahren das Zauberwort. Der erste Ingolstädter „Supermarkt“, der auch so hieß, öffnete 1962 im Parterre des Kaufhauses Merkur (heute Kaufhof). Die Werbung pries ihn als „Sensation“ und „Das Paradies der Hausfrau“, immerhin prunkte der Laden mit „7 Spezialkassen“, einem „gewaltigen Angebot an Kolonialwaren“ und Tiefkühltruhen, die „rückhaltlose Bewunderung finden“. So shoppten sie damals also in die Moderne, die Schanzer.

1969 drängte in Ingolstadt etwas völlig Neues auf den Markt: Albrecht, eine Handelskette, die ihr Sortiment auf das Nötigste beschränkte und Schnickschnack wie etwa Regale vermied. Die Waren wurden direkt aus den Kartons verkauft. Gekühlte Kost gab es anfangs keine, ja nicht einmal Butter. Das „Albrecht-System“ erlaubte „Preise, die alle Rekorde brechen“. In den 1970ern benannte sich das Unternehmen in Aldi um (Albrecht Discount). Die erste Ingolstädter Filiale öffnete 1969 in der Theresienstraße 7. Zum Einstand gab es 500 Gramm Eierbandnudeln für 58 Pfennige. Der Altstadt-Aldi sperrte 1998 zu. Damals war der Discounter dazu übergegangen, gleichförmige Großmärkte in der Peripherie zu errichten.

Auch andere Handelsketten investierten lieber außerhalb des Zentrums, wo in den 1970ern die Einwohnerzahl sank. 1989 schloss der 1974 eröffnete „Deutsche Supermarkt“ (DS) Am Stein 5 (zuletzt Weltbild). 1997 war für den Plus-Markt im Keller des 1982 eingeweihten Theresiencenters Schluss. Der Tengelmann in der Ludwigstraße 18 hielt sich von 1974 bis 2000. Seither gibt es in der Altstadt noch zwei Supermärkte: Norma (erst in der Donaustraße, heute in der Harderstraße) und Edeka (bis 2012 im Kaufhof, 2013 öffnete Edeka Wendler in der Theresienstraße). 2015 sollen es mit Rewe auf dem Ingobräu-Areal wieder drei Supermärkte sein.