Ingolstadt
Taschengeldausgabe eskaliert

Mitarbeiter und Security angegriffen: Polizei beendet Tumult im Transitzentrum

29.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:08 Uhr

Ins Innere des Transitzentrums kommen nur Asylbewerber und Mitarbeiter - der Öffentlichkeit bleibt vorenthalten, was im Lager vor sich geht.

Ingolstadt (DK) Es vergeht kaum ein Tag ohne großen Polizeieinsatz in einer der Unterkünfte des Ingolstädter Transitzentrums. Gestern Vormittag eilten laut Polizei gleich 17 Einsatzfahrzeuge in die ehemalige Oberstimmer Kaserne: Rund 100 Asylbewerber wollten gewaltsam in die Räume der Taschengeldausgabe eindringen. Sechs Menschen wurden dabei leicht verletzt.

 

Es hat fast schon groteske Züge: Am vergangenen Donnerstag rannte im Lager an der Manchinger Straße offenbar ein Asylbewerber mit Anlauf absichtlich in eine Gruppe Wachleute, am Sonntag gerieten zwei Flüchtlinge in derselben Unterkunft während eines Tischtennisturniers aneinander - und jetzt eskalierte in der ehemaligen Kaserne in Oberstimm aus noch ungeklärter Ursache ein Konflikt während der alle 14 Tage stattfindenden Taschengeldausgabe des Landkreises Pfaffenhofen, der sich das Gelände mit der Stadt Ingolstadt teilt. Ein paar Tage, nachdem Bayerns Innenminister Joachim Herrmann verkündet hatte, die Sicherheit im Umfeld des Transitzentrums zu erhöhen. Drängender scheint der Bedarf im Inneren der Lager zu sein.

Es war gestern Vormittag gegen 11 Uhr, als laut Polizei unter den rund 100 auf ihr Taschengeld wartenden Asylbewerbern der Tumult aus unbekanntem Grund ausbrach. Sie versuchten offenbar gewaltsam in die Räume der Ausgabestelle einzudringen, während die Mitarbeiter des Landratsamtes und des Sicherheitsdienstes die Türen schlossen und sich dahinter verbarrikadierten. Wie die Polizei weiter mitteilt, waren die Asylbewerber so aufgebracht, dass sie die Sperrgitter aus ihrer Verankerung hoben und sie gegen die Türen rammten. Um das Eindringen der Menschenmassen zu verhinderten, setzen die Sicherheitsleute Pfefferspray ein.

Mit 17 Fahrzeugen und mehreren Hundeführern gelang es der inzwischen verständigten Polizei schließlich, die Belagerung zu beenden. Gerade die Hunde hätten zur schnellen Auflösung des Tumults beigetragen, sagte gestern Abend ein Polizeisprecher. Doch die stünden beileibe nicht bei jedem der vielen Einsätze im Transitzentrum zur Verfügung.

Zwei Sicherheitsleute und vier Asylbewerber seien leicht verletzt worden, erklärte der Sprecher. Der Schaden in der Unterkunft ist vergleichsweise gering: Er beläuft sich auf rund 500 Euro. Weniger leicht zu klären sind die Umstände, die zum Kippen der Stimmung beigetragen haben. "Wir werden die Sache so weit und so schnell wie möglich aufklären", sagte der Sprecher. Allerdings gestalteten sich die Ermittlungen kompliziert. Die Polizei, die wegen Landfriedensbruch, Körperverletzung und Sachbeschädigung ermittelt, muss wohl jeden der rund 100 Beteiligten vernehmen, und das geht größtenteils nur mit Dolmetscher. Das kann dauern. Unterdessen werde die Polizei, wie angekündigt, weiter unregelmäßig Kontrollen in den Unterkünften vornehmen und draußen Präsenz zeigen, erklärte der Sprecher - "das erhöht das Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung".

Für die Mitarbeiter des Landratsamtes Pfaffenhofen geht es schon morgen wieder zurück in die Kaserne, in der ebenso wie in den drei anderen Dependancen des Transitzentrums vor allem abgelehnte Asylbewerber und solche mit geringer Bleibeperspektive untergebracht sind. Die Kollegen werden dann das restliche Taschengeld an die Asylbewerber auszahlen, wie der Landratsamtssprecher Karl Huber auf Nachfrage erklärte. "Es gehen wohl die gleichen Mitarbeiter mit", sagte er. Nur eine Auszubildende, die gestern dabei war, werde morgen nicht mitkommen.

Natürlich sei der Umgang mit solchen oder ähnlich bedrohlichen Situationen schwierig, doch die zuständigen Mitarbeiter seien für diese Fälle geschult - wie man auch bei der Geiselnahme in Pfaffenhofen gesehen habe. "Darauf muss man sich mittlerweile allgemein einstellen", sagte Huber. "Das ist die Entwicklung in unserer Gesellschaft. Da können Sie auch mit Lehrern oder Richtern reden. Das ist nicht schön, aber damit müssen wir heute leben."