Ingolstadt
Sparmaßnahmen bei Audi treffen auch Region

06.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:06 Uhr

Foto: Johannes Hauser

Ingolstadt (DK) Mit einem Angriffsplan will Audi zehn Milliarden Euro für Investitionen in neue Modelle und Zukunftstechnologie freischaufeln. Der Plan beinhaltet auch Sparmaßnahmen und Umstrukturierungen bei Projekten in Ingolstadt und Umgebung. Schon in der jüngeren Vergangenheit sind einige Gelder komplett gestrichen oder gekürzt worden. Doch der Vorstandsvorsitzende Rupert Stadler betont: "Wir stehen zu Stadt und Region."

Natürlich müsse man prüfen, wie und wo man sein Geld einsetze. Aber 50 Prozent der Investitionen sollen in den kommenden Jahren an die deutschen Standorte gehen. Ein Überblick über das Audi-Engagement in Stadt und Region.
 

GEKÜRZT

Audi-Sommer-Konzerte

Sie sind ein Geschenk von Audi an alle Bürger: die zwei Gratiskonzerte der Audi-Bläserphilharmonie und des Georgischen Kammerorchesters, die jedes Jahr Mitte Juli im Rahmen der Audi-Sommerkonzerte Zehntausende mit Campingstühlen und Picknickkörben in den Klenzepark locken. Eine Kultveranstaltung. Die Feuerwerke, die jeden Abend krönten, wurden 2016 gestrichen, dabei soll es auch in Zukunft bleiben. Solisten treten seither auch nicht mehr auf. 2017 gab es weniger Sommerkonzerte. "Man merkt schon, dass Audi spart", berichteten Besucher in einer Umfrage des DK. "Aber nur bei der Zahl der Konzerte, nicht bei der Qualität." Die beiden Open-Air-Konzerte, so versichert der Audi-Vorstandsvorsitzende Rupert Stadler, werden bleiben. Das Konzept der Sommerkonzerte insgesamt soll sich aber wandeln - schon beim nächsten Mal: Man werde 2018 neue Wege gehen, erklärt Stadler, ohne konkreter zu werden.

 

Sportvereine

Klar bekennt sich Audi weiterhin zum Engagement beim FC Ingolstadt 04, wo der Konzern Hauptsponsor ist. "Audi ist auch in der 2. Bundesliga ein starker und zuverlässiger Partner des FCI 04", sagt Audi-Chef Rupert Stadler. Neben der Unterstützung der Profis stehe die Förderung des Fußballnachwuchses im Mittelpunkt des Engagements. Bei den Nicht-Profi-Sportvereinen hat der Konzern indes sein Engagement zurückgefahren. Vielerorts, so ist zu hören, wird etwa schon länger keine Bandenwerbung mehr gebucht.

 

BISHER IN DER SCHWEBE

IN-Campus

So sieht das Land der industriellen Moderne aus: 75 Hektar Freifläche für Innovationen. Zentrums- und autobahnnah. Auf dem einstigen Raffineriegelände (Eriag, Bayernoil) wollen Audi und die Stadt Ingolstadt auf 1,2 Kilometern Länge und 800 Metern Breite für einstmals in Aussicht gestellte 275 Millionen Euro einen imposanten Forschungskomplex errichten. Im April 2015 wird die IN-Campus GmbH gegründet, sie ist zu 95 Prozent im Besitz von Audi. Die Sanierung der Industriebrache läuft an. Doch je lauter weltweit die Empörung über den Diesel-Skandal in der Volkswagen- und Audi-Familie tönt, desto stiller wird es um das Monumentalprojekt IN-Campus. Michael Klarner, der Sprecher der Stadt Ingolstadt, stellt dazu jetzt auf Anfrage fest: "Zurzeit wird das IN-Campus-Areal mit Hochdruck saniert - weiterführende Projekte werden nach unserem Kenntnisstand im Rahmen der langfristigen Investitionsplanung nochmals überprüft und zu gegebener Zeit entschieden." Ähnlich klingt Rupert Stadler: "Ein klares Ja zum IN-Campus", erklärt der Audi-Vorstandsvorsitzende gegenüber unserer Zeitung. Man brauche die Flächen mittel- bis langfristig. Was nach der Sanierung damit geschieht, das werde "zu gegebener Zeit" entschieden.

Die Idee, von der Autobahnabfahrt zum Campus eine Teststrecke für autonomes Fahren zu etablieren, daran hält der Konzern offenbar weiter fest. "Wir beherrschen die Technologie, wir haben in München die Firma Autonomous Intelligent Driving GmbH gegründet, wir werden für den Volkswagen-Konzern an der Serienreife arbeiten", erklärt Rupert Stadler. Dafür werde auch der eine oder andere Prototyp entwickelt. "Ob das dann in einem Volkswagen verpackt ist, einem anderen Fahrzeugkonzept oder bei uns, das werden wir sehen", sagt Stadler.
 

"Arrondierung" des Werksgeländes

Als bei Audi noch alles völlig komplikationsfrei läuft (also bis Ende 2015), scheint es für die Expansion des Ingolstädter Werks keine Grenzen zu geben. Man verfolgt ambitionierte Pläne, um den Stammsitz auszubauen. Der Platzbedarf scheint so enorm zu sein, dass Spötter schon bemerken, Audi würde auch jede Doppelgarage begehren, die im Bezirk Nordwesten frei wird. Das Unternehmen entwickelt 2015 mit der Stadt Ingolstadt ein kühnes Konzept: Ein kompletter Fußballverein soll samt Spielfeld umgesiedelt werden und zwei städtische Einrichtungen gleich mit. Der Bauhof werde 2020 den Nordwesten verlassen, heißt es (einen Ersatzstandort gibt es noch nicht), danach würden die Kommunalbetriebe wegziehen, vermutlich zu den Stadtwerken an die Ringlerstraße. Audi kauft das Gelände des 1953 gegründeten FC Grün-Weiß (es gehört der Stadt) und baut dem Klub 300 Meter weiter eine neue Heimat samt Spielfeld. So entstehe genügend Raum für die "Arrondierung des Audi-Werksgeländes", wie die fundamentale Immobilienrochade mit starker Untertreibung genannt wird.

Jedoch: Seit bald zwei Jahren hat man nichts mehr davon gehört. Schweigen allenthalben.

Auf Nachfrage sagt Stadtsprecher Michael Klarner: "Eine Verlagerung von INKB und Bauhof ist derzeit kein Thema, insofern gibt es hier keinen neuen Sachstand."
 

Kongresshotel

Von so einem Mieter träumt natürlich jeder Eigentümer: mit Rang und Namen, solide und zuverlässig. Audi hat zugesagt, im künftigen Kongresshotel Maritim (von den Kritikern auch "Koloss am Schloss" genannt) des Investors VIB Vermögen aus Neuburg 1,5 Etagen für Geschäftskunden dauerhaft zu mieten. Eine Einnahmequelle, die für die Bewirtschaftung des Vier-Sterne-plus-Hauses auf dem ehemaligen Gießereigelände essenziell ist. Doch man kann sich angesichts der jüngsten Umstrukturierungen bei Audi schon fragen, wie fest und zukunftsträchtig diese Buchungszusage des Konzerns wirklich ist und wie viele Zimmer das Kontingent genau umfassen wird. Norbert Forster, Geschäftsführer der Stadttochter IFG, die beim angeschlossenen Kongresszentrum Investor ist, sagt dazu jetzt aber auf Anfrage: "Die Hotelbelegungsgarantie steht." Die Eröffnung sei zusammen mit dem Kongresszentrum für 2021 geplant. "Ich würde mich freuen, wenn das Hotel schon bezugsfertig wäre", sagt Rupert Stadler und bekennt sich zur Vereinbarung: "Wir brauchen die Kapazitäten."

 

AUSGESTIEGEN

Geld für die Eisarena

Es sind "nur" 60 000 Euro, die eingespart werden, aber das Signal, das davon ausgeht, empfinden viele Ingolstädter als sehr frostig. Im April 2016 kündigt Audi an, aus dem Kreis der Sponsoren für die Eisarena auf dem Paradeplatz auszusteigen. Damit wären dort in der Vorweihnachtszeit beinahe die Lichter erloschen. Aber dem Verein IN-City gelingt es noch rechtzeitig, genügend Ersatzsponsoren zu gewinnen. Die heißen jetzt "Eishelden". Wie gesagt: Es geht um 60 000 Euro, die sich Audi gespart hat.

 

Initiative Regionalmanagement

Irma heißt ein Kind von Werner Widuckel. Das Audi-Vorstandsmitglied für Personal und Soziales (von 2005 bis 2010) treibt den Plan voran, den Großraum Ingolstadt bayernweit bekanntzumachen. Audi ist der Motor des im Mai 2008 gegründeten Vereins Initiative Regionalmanagement Region Ingolstadt, kurz Irma. Er vereint namhafte Partner: die Stadt Ingolstadt, die Landkreise Eichstätt, Neuburg und Pfaffenhofen, dazu die Städte Eichstätt und Neuburg (nicht aber die Stadt Pfaffenhofen, denn Bürgermeister Thomas Herker, Widuckels Genosse bei der SPD, kann die Irma nicht leiden) und der Markt Manching. Mit im Verein renommierte Firmen wie EADS, Bauer Tiefbau, Media-Saturn und natürlich Audi. Weil die Kommunen im Jahr 50 Cent je Einwohner an die Irma abführen und die Unternehmen zehn Euro je Mitarbeiter, steckte viel Geld in der Initiative. Fünf hauptamtliche Kräfte vermarkten die Region Ingolstadt (das Motto IngolStadtLandPlus kam auf dem Land recht mäßig an), mit der Betonung auf "Markt", denn wirtschaftliches Interesse ist von Beginn an die Dominante dieses Managements (mit der Kultur haben sie es bei der Irma bis heute nicht so). Hinter allem steht immer machtvoll: Audi. Auch nach Widuckels Abgang. Bis Juli 2016. Da verkündet Audi völlig überraschend, aus der Irma auszusteigen. Damit bricht dem Verein die Hälfte der Mitgliedsbeiträge weg. Irma vermarktet die Region aber weiter. Irgendwie.

 

Miba

Zwei Wochen vor dem Start der 26. Mittelbayerischen Ausstellung (miba) am 1. April 2017 lässt Audi wissen: Wir sind diesmal nicht dabei. Kein Messestand. Miba-Chef Heinrich Sandner (der im Juni unerwartet gestorben ist) zeigt sich tief enttäuscht, das merkt man ihm an, er reagiert aber professionell: Es sei "schade", dass der namhafte Hersteller heuer fehle. Viele Besucher würden nach Audi fragen, erzählte er zur miba-Halbzeit. "Aber das ist ein freier Markt, und deshalb werde ich die Entscheidung nicht kritisieren." Die Lücke, die Audi hinterließ, füllte dann Skoda.

 

GESTRICHEN

24-Stunden-Lauf

Ein gutes Werk. Tausende Audi-Mitarbeiter laufen auf einer 2,5 Kilometer langen Tour durch die Produktionshallen. Für jede Runde spendiert ihr Arbeitgeber fünf Euro zugunsten einer sozialen Einrichtung. Die Unternehmensführung schenkt der Belegschaft bei diesen "24 Stunden von Ingolstadt" auch ein großes Begleitprogramm. So joggen die Audianer alle zwei Jahre eine Menge Geld zusammen. Beim bislang letzten Lauf 2015 treiben gut 4000 Audianer in 22 800 Runden die Spendensumme auf 175 000 Euro. Im November 2016 lässt Audi wissen: 2017 fällt der 24-Stunden-Lauf aus. Der organisatorische Aufwand (der 80 Kollegen auf Trab halte), sei zu hoch. Ob der Benefizlauf eine Zukunft hat, werde "zu gegebener Zeit entschieden", heißt es bei Audi.

 

Bayreuth

Richard Wagner ist raus. Gestrichen. Ende dieses Jahres läuft das 2009 begonnene Engagement von Audi als Hauptsponsor der Bayreuther Festspiele aus. Diese "passen inzwischen nicht mehr zu unserer Ausrichtung", erklärt eine Audi-Sprecherin. Man wolle die Kräfte des Unternehmens "stärker bündeln". Ohne Wagner. Die Salzburger Festspiele sponsert Audi aber weiter.