Ingolstadt
"Ich habe Angst, verprügelt zu werden"

Stammgäste und Standbetreiber ärgern sich über die vielen Schlägereien auf dem Viktualienmarkt

19.09.2016 | Stand 02.12.2020, 19:17 Uhr

Foto: DK

Ingolstadt (DK) Am Viktualienmarkt herrscht Unruhe. Die Angst vor noch mehr Schlägereien geht um. Deshalb fordern die Standbetreiber mehr Polizeikontrollen am Abend. Die gebe es bereits seit einigen Monaten, hält die Polizeiinspektion Ingolstadt dagegen.

Vor dem Räucherkammerl der Familie Brunner steht an diesem verregneten Tag ein Mittvierziger und lässt sich eine Bratwurst schmecken. "Ich habe Angst, hier verprügelt zu werden", sagt der Mann, der seinen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen will. Er habe sich jedenfalls schon überlegt, nicht mehr auf den Viktualienmarkt zu gehen.

Der Stammgast wie auch Imbissbudenbesitzer Heinz Brunner haben bemerkt, dass die Schlägereien "in den vergangenen Monaten zugenommen haben". Mindestens zweimal in der Woche eskaliere am späten Abend die Situation auf dem Viktualienmarkt - und zwar nach viel Alkoholkonsum, wie Brunner meint.

Der 80-Jährige hat festgestellt, dass oft schon am Nachmittag Gruppen von jungen Leuten - Männer wie Frauen - kämen und dann ihre mitgebrachten alkoholischen Getränke trinken würden. "Die bringen teilweise kistenweise ihr Bier mit." Brunner weiter: "Wenn sie dann ihr Quantum haben, gehen sie aufeinander los." Der Standbetreiber, der seit fast 40 Jahren auf dem Viktualienmarkt vertreten ist, ärgert sich sehr über diese Vorfälle. "Es ist doch für die anderen Besucher nicht schön, wenn sie sehen, dass gerauft wird." Viele seiner Gäste hätten schon gesagt: "Der Viktualienmarkt ist nicht mehr das, was er früher einmal war."

Heinz Brunner und seine Frau Karin versichern, dass bei ihnen "kein Betrunkener ein Bier bekommt". Auch die Standbetreiberin Angelina Monti schenkt nach ihren Worten keinen Alkohol an bereits alkoholisierte Gäste aus: "Ich will nämlich keinen Stress. Lieber verdiene ich einen Euro weniger." Sie werde immer wieder von Betrunkenen beleidigt, wenn sie ihnen kein Bier verkaufe. "Das ist nicht schön", sagt die in Ingolstadt lebende Italienerin. Laut Monti vergeht keine Woche, in der nicht zwischen den Imbissbuden im Herzen der Stadt die Fäuste fliegen. "Das geht am Abend los, und immer ist dabei Alkohol im Spiel." Diese ständigen Prügeleien ärgern die Standbetreiberin: "Man sieht ja nur noch Randalierer hier. Letztes Jahr war hier alles noch besser!"

Angelina Monti und Heinz Brunner sprechen sich angesichts dieser Vorfälle für eine "stärkere Polizeipräsenz" auf dem Viktualienmarkt aus. Die Beamten sollten hier jeden Abend auf Streife gehen.

Das geschehe bereits, versichert Klement Kreitmeier von der Polizeiinspektion Ingolstadt. "Seit Juni wurde wegen der vielen Körperverletzungsdelikte die Streifentätigkeit der Beamten am Viktualienmarkt erhöht." Mehrmals täglich - vor allem in der Nacht - werde hier kontrolliert. Der Viktualienmarkt sei für die Polizei wegen der Schlägereien und Sachbeschädigungen einer der Brennpunkte in der Stadt. "Deshalb sorgen wir hier für erhöhte Sicherheit", sagt der stellvertretende Inspektionsleiter. An den Wochenenden gingen die Beamten die ganze Nacht zu Fuß auf Streife. Wegen der verstärkten Polizeikontrollen sind laut Kreitmeier die Prügeleien auf dem Viktualienmarkt und in der gesamten Innenstadt in den vergangenen Monaten zurückgegangen. Er widerspricht damit den Standbetreibern. Kreitmeier zufolge gibt es einige polizeibekannte Störenfriede, die "bewusst Ärger am Viktualienmarkt suchen. Und hier werden sie auch fündig".

Nicht nur über die zahlreichen Schlägereien ärgern sich Gäste und Standbetreiber - auch über die oft mangelnde Sauberkeit auf dem Viktualienmarkt. "Jeden Tag liegen hier haufenweise Glasscherben, Papier und gebrauchte Pampers herum", klagt zum Beispiel Carmen Newald. Sie muss es wissen: Von Montag bis Sonntag sorgt die Reinigungskraft für Sauberkeit zwischen den Imbissbuden. "Jeden Morgen finde ich auch unter den Bierbänken Unmengen von leeren Wein- und Bierflaschen, die sogenannte Gäste in Supermärkten gekauft haben", erzählt Newald. Besonders schlimm schaue es bei den neuen Bierbänken zur Schutterstraße hin aus. Die Biergarnituren, von der Stadttochter IFG spendiert, stehen erst seit Kurzem hier. Um nach außen ein möglichst einheitliches Erscheinungsbild des Viktualienmarkts zu präsentieren, mussten die Standbetreiber ihre Stühle an dieser Stelle entfernen. Die IFG, die zunächst für eine Stellungnahme nicht zur Verfügung stand, wird sich zu dem Thema noch äußern.

Newald findet, dass es "immer schlimmer mit dem Dreck" werde. Sie kann nur den Kopf schütteln über die (meist jungen) Leute, die hier essen und trinken, ohne etwas an den Ständen zu kaufen: "Das ist doch geschäftsschädigend!" Die Ingolstädterin meint: "Normale Leute gehen ja wegen des ganzen Stresses schon bald nicht mehr auf den Viktualienmarkt."