Ingolstadt
Folgenreiches Treffen am Baggersee

Staatsanwalt begründet Festnahme Fastenmeiers und des früheren PR-Mannes mit Verdunkelungsgefahr

25.04.2017 | Stand 02.12.2020, 18:15 Uhr
Er galt als Macher, 2014, als diese Aufnahme entstand. Seit Samstag sitzt Heribert Fastenmeier, der frühere Geschäftsführer des Ingolstädter Klinikums, in U-Haft. −Foto: Hauser

Ingolstadt (DK) Mit "Verdunkelungsgefahr" begründet die Staatsanwaltschaft Ingolstadt die Entscheidung, den früheren Geschäftsführer des Klinikums, Heribert Fastenmeier, und einen ehemaligen Mitarbeiter der PR-Abteilung festzunehmen. Beide sitzen, wie berichtet, seit Samstag in Untersuchungshaft.

Es war ein Treffen am Baggersee, das für Fastenmeier und den früheren Pressesprecher fatale Folgen hatte. Das Naherholungsgebiet ist dem ehemaligen Geschäftsführer nicht nur aufgrund seiner räumlichen Nähe zum Klinikum bestens bekannt. Hier ging Fastenmeier über viele Jahre hinweg, oft nach Dienstschluss oder in der Mittagspause, joggen. Ein Treffen mit dem früheren PR-Mann an jenem Ort brachte beide nun hinter Gitter. Wie die Staatsanwaltschaft mitteilte, soll der frühere Mitarbeiter dabei "im Besitz von für die Beweisführung dem Anschein nach bedeutsamen Unterlagen" gewesen sein. Diese stünden im Zusammenhang mit erheblichen Überschreitungen des PR-Budgets der Klinikum Ingolstadt GmbH, denen, wie es heißt, "nach derzeitigem Ermittlungsstand keinerlei sachliche Rechtfertigung gegenüberstand". Bei beiden Beschuldigten bestehe der dringende Verdacht, dass sie auf Beweismittel eingewirkt hätten und diese Gefahr auch in Zukunft weiter bestehe.

Bereits am vergangenen Freitagnachmittag waren die beiden vorläufig festgenommen worden. Die Staatsanwaltschaft Ingolstadt hatte dann aufgrund von Verdunkelungsgefahr Untersuchungshaftbefehle wegen des Verdachts der Untreue gegen die Beschuldigten erwirkt, die das Amtsgericht Ingolstadt erlassen und am Samstagnachmittag vollzogen habe, heißt es in der Mitteilung der Strafermittlungsbehörde.

Das Treffen Fastenmeiers mit dem früheren Mitarbeiter ist laut Leitendem Oberstaatsanwalt Wolfram Herrle auf die am vergangenen Donnerstag erfolgten weiteren Durchsuchungen hin zustande gekommen. Wie berichtet, hatte die Behörde wegen möglicher Unregelmäßigkeiten bei Druck- und Marketingaufträgen Räume eines Ingolstädter Medienunternehmens durchsucht, dessen Geschäftsführer seit Kurzem als einer von mittlerweile 13 Beschuldigten in der Affäre Klinikum geführt wird. Nach Erkenntnissen der Kriminalpolizei Ingolstadt hatten sich die beiden nach den erfolgten Durchsuchungen im Stadtgebiet getroffen. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass dabei wichtige Beweismittel entzogen werden sollten, so Herrle. Wie der Leitende Oberstaatsanwalt auf Nachfrage sagte, sei das Gesamtbudget der PR-Abteilung Gegenstand der Ermittlungen. In welcher Höhe sich dieses bewege, wollte Herrle nicht sagen. Es sei jedoch eine Größenordnung, die "etwas verwundert".

Wie lange Fastenmeier und sein früherer Mitarbeiter - getrennt voneinander - in Untersuchungshaft bleiben müssen, ist bislang völlig unklar. Wenn der Haftgrund, also die Gefahr, dass Beweismittel entzogen werden könnten, nicht mehr bestehe, könne die U-Haft aufgehoben werden, so Herrle.

Für Fastenmeiers Rechtsanwalt, André Szesny aus Düsseldorf, ist die Anordnung der Untersuchungshaft "nicht nachvollziehbar". Die Verteidigung werde "die erforderlichen Schritte veranlassen, diese für Herrn Fastenmeier schwer erträgliche Situation zu erleichtern", erklärte er gestern in einer schriftlichen Stellungnahme. Auf Nachfrage verweist er auf die bisherige konstruktive Zusammenarbeit seines Mandanten mit der Staatsanwaltschaft.

Ingolstadts Oberbürgermeister Christian Lösel, der Aufsichtsratsvorsitzende der Klinikum GmbH, wollte sich gestern nicht zu der Festnahme Fastenmeiers äußern. Auf DK-Anfrage meldete sich sein Pressesprecher Michael Klarner. Die Stadt bleibe dabei, sich zu laufenden Ermittlungen nicht zu äußern. Auch die Nachfrage, was es mit dem angeblich erheblich überschrittenem PR-Budget auf sich habe, blieb unbeantwortet.

Dem Vernehmen nach soll das Budget innerhalb des Aufsichtsrates bereits Thema gewesen sein. Es gehöre allerdings zur "operativen Geschäftstätigkeit". "Wir bekommen alle diese Sachen erst, nachdem sie ein externer Wirtschaftsprüfer gesichtet hat", erklärt ein Aufsichtsratsmitglied.

Auch innerhalb des Kontrollgremiums wurde die Nachricht von der Festnahme Fastenmeiers und seines früheren Pressesprechers überrascht zur Kenntnis genommen. Gerd Werding (FW) etwa ist vor allem verwundert über den jetzigen Zeitpunkt: "Die Ursache müssen Gründe sein, die vorher nicht auf dem Tisch gelegen sind." Anton Böhm (SPD) zeigt Verständnis für die Entscheidung: "Wenn das wirklich so ist, dass Beweismittel weggeschafft werden sollten, dann tut's mir leid für die beiden." Dorothea Soffner (CSU) wirkte über die Festnahme erschüttert. "Mir tut das menschlich gesehen sehr leid", sagte sie. "Inhaltlich werde ich mich nicht zu den Vorwürfen äußern."

Wie mehrfach berichtet, läuft seit Herbst vergangenen Jahres ein Ermittlungsverfahren gegen den früheren Geschäftsführer des Klinikums, Heribert Fastenmeier. Es geht im Wesentlichen um den Verdacht der Untreue und den Vorwurf, Familienmitglieder bevorzugt zu haben, wenn es um die Vergabe von Stellen und Aufträgen des Klinikums ging. Auch gegen Alt-Oberbürgermeister Alfred Lehmann laufen Ermittlungsverfahren - neben der Staatsanwaltschaft Ingolstadt auch von der Generalstaatsanwaltschaft München. Grund für eine U-Haft sieht die Strafermittlungsbehörde bei Lehmann gegenwärtig nicht.
 

Kommentar von Ruth Stückle


Heribert Fastenmeier in Untersuchungshaft! Der Mann, der früher über viele Jahre „Mister Klinikum“ war, hinter Schloss und Riegel. Diese Nachricht ist ein echter Paukenschlag. Vor allem zum jetzigen Zeitpunkt hat mit der Festnahme Fastenmeiers und eines weiteren nicht eben unbekannten früheren Mitarbeiters der PR-Abteilung niemand gerechnet. Schließlich hat die Affäre Klinikum, in deren Mittelpunkt die Ermittlungen gegen Fastenmeier stehen, schon im Herbst vergangenen Jahres begonnen. Da wäre, wenn man das wirklich vorhat, genügend Zeit gewesen, beweistechnisch relevantes Material beiseitezuschaffen. Auch das hohe PR-Budget des Klinikums ist nicht erst seit ein paar Tagen Thema.
Ob sich OB Christian Lösel als Aufsichtsratsvorsitzender des Klinikums einen Gefallen damit tut, wenn er sich mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen in Schweigen hüllt, ist mehr als fraglich. „Vollumfängliche Aufklärung“, die er gerne verspricht, sieht anders aus.