Ingolstadt
Wohnen beim Stromerzeuger

Die GWG baut 142 neue Wohnungen in unmittelbarer Nähe zu einem Umspannwerk - eine Gefahr gehe davon aber nicht aus

21.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:47 Uhr

−Foto: Brandl

Ingolstadt (DK) Auf einem nahezu brachliegenden Grundstück in der Fliederstraße im Ingolstädter Ortsteil Kothau wird die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft (GWG) noch in diesem Jahr einen ihrer nächsten Spatenstiche vollziehen. Geplant ist der Bau von 142 geförderten Mietwohnungen samt Tiefgarage.

Die Wohnungsknappheit in Ingolstadt ist derzeit eine der größten Herausforderungen für die Verwaltung. Freie, zum Verkauf stehende Grundstücke sind jedoch rar und deshalb hochbegehrt. Schaffen private und öffentlich geförderte Bauträger es, eines zu erwerben, zaubern sie stetig neue Projekte aus dem Hut, darunter auch Bauvorhaben für Hochhäuser, was bisher in der Schanz die Ausnahme war.

Ganz so hoch hinaus wie beispielsweise am Nordbahnhof, wo derzeit ein exklusiver Wohntower entsteht, geht es in der Fliederstraße - gelegen in einem kleinteiligen, von Siedlungsbau geprägten Wohngebiet im Süden - nicht. Die GWG plant, dort noch dieses Jahr mit der Errichtung von 142 geförderten und barrierefreien Zwei- bis Vier-Zimmer-Wohnungen in Einzelbebauung mit maximal vier Geschossen zu beginnen (siehe Luftbild). Hinzu kommen eine Tiefgarage mit einem niedrigen Stellplatzschlüssel von 1,0 sowie zwei Gewerbeeinheiten, deren spätere Verwendung noch nicht feststeht, die laut Auskunft der GWG aber eine Symbiose mit der Wohnbebauung eingehen, sprich einen Mehrwert für die künftigen Mieter ergeben sollen. Die Gesamtkosten belaufen sich auf fast 36 Millionen Euro. Wie hoch die Zuschüsse exakt ausfallen, wisse man noch nicht. "Die Förderung wurde dieses Jahr beantragt", sagt GWG-Sprecherin Bianca Stein.

Schon bei der Vorstellung des Projekts im vergangenen Jahr im Rahmen einer Baustellenrundfahrt mit der GWG, gab es die eine oder andere skeptische Nachfrage wegen eines nahegelegenen Umspannwerks, das vom Energieproduzenten E-on, dem ursprünglichen Eigentümer des mehr als 22 000 Quadratmeter großen Grundstücks, zur Stromerzeugung genutzt wird. Dieses bleibt nach Auskunft Steins auch weiter in Betrieb, ebenso ein Verwaltungsgebäude in unmittelbarer Nähe. Negative Auswirkungen auf das Wohnumfeld, etwa durch Elektrosmog, habe dies aber nicht. "Das wurde von den Architekten geprüft", sagt sie. Zusätzlich verschaffe der sogenannte Gewerberiegel, also der Bau der beiden gewerblich nutzbaren Einheiten zwischen der Wohnbebauung und dem Umspannwerk, einen räumlichen Abstand. Die GWG argumentiert auch damit, dass sich die bereits bestehende Wohnbebauung westlich des Umspannwerks näher an diesem befände als die jetzt geplante.

Wann genau der Baustart erfolgt, sei noch nicht konkret festgelegt, heißt es seitens der GWG. Einer der letzten noch auf dem Areal ansässigen Gewerbetreibenden werde aber im März seine Halle räumen, wie er unserer Zeitung vor Ort mitteilte. Er habe inzwischen etwas Neues gefunden. "Das ist aber teurer als hier", sagt er. Dort, wo jetzt noch Fahrzeugwracks, riesige Kabelrollen und abgestellte Baumaschinen das Bild prägen, soll dann frühestens ab 2021 "familiengerechtes Wohnen", wie Stein es formuliert, das Umfeld bereichern. "Die genauen Planungen für die Außenanlagen stehen noch nicht", sagt sie. Stein rechne aber damit, dass auch ein Spielplatz entstehen werde. Vergleichbar sei die Planung mit dem Bauprojekt in der Hinterangerstraße, so Stein. Hier entstanden 81 Wohnungen, die seit 2016 bezogen sind. Der Quadratmeterpreis für die Wohnraummiete liegt hier bei 11 Euro monatlich.

Spitzenplatz für Ingolstadt

Ingolstadt (DK) Die Stadt Ingolstadt nimmt bei den öffentlich geförderten Wohnungen bayernweit einen Spitzenplatz ein. Die aktuellen Vergleichszahlen bayerischer Großstädte wurden gestern in der Aufsichtsratssitzung der GWG präsentiert. Danach gibt es in Ingolstadt die meisten öffentlich geförderten Wohnungen pro 1000 Einwohner: Mit 42 Sozialwohnungen liegt Ingolstadt auf dem ersten Platz vor Regensburg (36). Der bayerische Durchschnitt liegt bei 30 Wohnungen.

Im Vergleich unter den acht Großstädten Bayerns - Ingolstadt, Regensburg, Nürnberg, Würzburg, Augsburg, München, Erlangen und Fürth - verfügt Ingolstadt mit 8,7 Prozent gemessen am Gesamtwohnungsbestand prozentual über die höchste Zahl an Sozialwohnungen. Regensburg liegt mit 6,2 Prozent auf Platz zwei. Von 65 000 Wohnungen in Ingolstadt sind rund 6000 öffentlich gefördert. "Ingolstadt wird dem Anspruch einer sozialen Stadt weiterhin gerecht. Annähernd jede elfte Wohnung ist eine Sozialwohnung - das bietet keine andere bayerische Großstadt ihren Bürgern", kommentiert Oberbürgermeister Christian Lösel das Ergebnis. Rechne man die etwa 3200 Wohnungen hinzu, die zwar aus der Mietpreisbindung gefallen sind, aber zu ähnlich günstigen Konditionen vermietet werden, sei sogar jede siebte Wohnung in Ingolstadt eine Sozialwohnung oder in der Miete vergleichbar. "Wir werden uns auf dem bisher Erreichten nicht ausruhen, sondern mit voller Kraft weiterbauen", so Lösel. Aktuell gehören der GWG rund 7000 Wohnungen. Bis 2020 werde sich der Bestand auf 8500 Wohnungen steigern und anschließend bedarfsgerecht um weitere 150 bis 200 Wohnungen jährlich wachsen.

Auch vom allgemeinen Wohnungsbau meldet die Stadt Erfreuliches: Bei den Baufertigstellungen liege Ingolstadt im Vergleich unter den acht bayerischen Großstädten ebenfalls vorne. In den Jahren 2002 bis 2016 verzeichnete die Stadt insgesamt einen prozentualen Zuwachs an neuen Wohnungen von über 21 Prozent. Dieser Wert ist fast doppelt so hoch als der Durchschnitt der anderen Städte mit 11 Prozent. Insgesamt wurden in diesem Zeitraum 11430 Wohnungen fertiggestellt.