Ingolstadt
Widerstand ohne Zeitdruck

IG Metall äußert sich erstmals zum drohenden Kahlschlag bei Rieter Externer Berater soll mit ins Boot

16.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:38 Uhr

Noch bis Jahresende sind die Arbeitsplätze bei Rieter sicher. So lange verhindert ein interner Tarifvertrag mit der IG Metall einen Arbeitsplatzabbau. Um die danach drohende Streichung von 220 Stellen zu verhindern, will die IGM nun mit an den Verhandlungstisch. - Foto: Eberl

Ingolstadt (DK) Die Nachricht steht seit zwei Wochen im Raum - doch erst gestern hat sich die IG Metall offiziell zum drohenden Kahlschlag beim Traditionsunternehmen Rieter geäußert. In einer Mitteilung ist von einer "Provokation" durch die Konzernleitung die Rede; Widerstand wird angekündigt.

Besonders eilig hatte es die Metallergewerkschaft also nicht, sich in der Öffentlichkeit zum angekündigten drastischen Personallabbau beim Spinnereimaschinenhersteller zu positionieren. Ihr Ingolstädter Bevollmächtigter Johann Horn erklärte das gestern gegenüber dem DK mit der vergleichsweise langen Zeitachse, die sich für die Rieter-Beschäftigten aus einem speziellen Tarifvertrag ergibt: Die IG Metall hatte mit der Firmenleitung vormals eine Beschäftigungssicherung bis Ende 2017 erreichen können. Auch wenn Rieter Anfang Februar angekündigt hat, 220 Arbeitsplätze in Ingolstadt streichen zu wollen, wird das nicht vor 2018 wirksam werden können. Hans Horn: "Wir haben genügend Zeit zu reagieren."

Es habe bislang keine Gespräche seinerseits mit der Rieter-Konzernleitung gegeben, erklärte Horn. Man habe die vergangenen beiden Wochen genutzt, um sich gründlich darauf vorzubereiten - auch auf mögliche Aktionen, die allemal denkbar seien. Horn räumt ein, von der Entwicklung beim Spinnereimaschinenhersteller genauso überrascht worden zu sein wie die Belegschaft. Die Erklärung der Unternehmenspläne (Verlagerung der Produktion nach Tschechien) sei vor zwei Wochen quasi überfallartig erfolgt - eine Taktik, die die Gewerkschaften auch aus Konflikten mit anderen Arbeitgebern zur Genüge kennen.

Jetzt spricht IGM-Statthalter Horn von einer "Provokation", die "auf Widerstand in der Belegschaft" stoßen werde. Sein zuständiger Gewerkschaftssekretär Christian Daiker will bereits eine breite Unterstützung für die Rieter-Belegschaft in der hiesigen Industrielandschaft erkennen: "Die Kollegen aus anderen Betrieben in der Region solidarisieren sich mit den Beschäftigten von Rieter."

In einer sehr gut besuchten Mitgliederversammlung der IGM, so heißt es in der gestrigen Mitteilung der Gewerkschaft weiter, hätten die Teilnehmer dem Rieter-Betriebsrat den Rücken gestärkt. Dessen Vorsitzender Gerhard Hyna wird wie folgt zitiert: "Der Weg, den der Konzern hier geht, gefährdet das gesamte Unternehmen Rieter. Wir sind schwer enttäuscht, dass die Konzernleitung bei so einer großen Entscheidung das Gespräch nicht im Vorfeld gesucht hat. Wir fühlen uns überrumpelt." Man wolle nun gemeinsam mit der IGM erste Gespräche mit der Unternehmensleitung aufnehmen.

Laut Johann Horn will die IGM zur Untermauerung ihrer Positionen auch einen externen Berater einschalten, der die Argumentationslinie der Konzernleitung analysieren und widerlegen soll. Horn befürchtet, dass in der Rieter-Spitze in der Schweiz vor lauter "kurzfristigen Renditezielen und Optimierungserwartungen" falsche Schlüsse gezogen wurden: "Am Ende könnten diese Pläne sogar zu einer Gefahr für den ganzen Konzern werden."

Einen Termin für ein Zusammentreffen von Arbeitnehmervertretern und örtlicher Rieter-Geschäftsleitung gibt es bislang offenbar nicht. Auch ob die IGM gleich mit am Tisch sitzen wird, steht dahin. Auf DK-Anfrage verlautete aus der Geschäftsführung, dass nach dem Betriebsverfassungsgesetz einzig der Betriebsrat der originäre Ansprechpartner der Unternehmensleitung sei.